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Mehrbelastung findet nicht immer Anerkennung : Wie Einstellungsstopps und Entlassungen die deutsche Arbeitswelt unter Druck setzen

Mehrbelastung findet nicht immer die angemessene Anerkennung: Von den Personen, die über steigende Arbeitsbelastung berichten, erhalten laut einer neuen Studie 33 % einen Freizeitausgleich, 24 % bekommen Überstunden finanziell vergütet und 19 % erwarten Boni oder vergleichbare Ausgleichszahlungen. Alarmierend ist, dass 46 % keinerlei Kompensation für ihre Überstunden erhalten.

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Gestresste Mitarbeiterin stützt den Kopf an ihrem Arbeitsplatz in die Hände
Foto: AdobeStock/Nina Lawrenson/peopleimages.com

Wie wirken sich Kündigungen und Einstellungsstopps aktuell aus? Das hat eine repräsentative Befragung von 1.460 Berufstätigen in Deutschland nun untersucht. Insgesamt zeichnet sich ein eher negatives Bild ab. Ein Blick auf die Ergebnisse.

Protime, ein Unternehmen für Zeiterfassung, Arbeitszeitplanung und Zutrittskontrolle für Unternehmen, hat in seiner jüngsten Arbeitsplatzstudie mit YouGov untersucht, wie sich die aktuelle Wirtschaftslage inklusive Einstellungsstopps und Kündigungswellen auf die Arbeitsbelastung, Stress und Motivation in Deutschland auswirkt. Die Ergebnisse dieses Barometers zeigen: Die Maßnahmen, die in den vergangenen zwölf Monaten von 24 % der Befragten – also 343 Personen – erlebt wurden, haben weitreichende Auswirkungen auf Arbeitsalltag, Motivation und Wohlbefinden.

Krisengründe im Detail – Budget, Umstrukturierung und mehr

Als Gründe für die erlebten Personalmaßnahmen führten die Befragten hauptsächlich Budgetkürzungen (43 %), dicht gefolgt von Umstrukturierungen (42 %) sowie Performance bedingten Kündigungen an (20 %). 26 % der Befragten kannten die Hintergründe nicht. Nur 28 % befürworten diese Maßnahmen uneingeschränkt, während 39 % zumindest teilweise zustimmen – 23 % lehnen sie jedoch ab. Hier zeigt sich ein interessanter Generationenvergleich: Die Generation Z nimmt die angespannte Situation gelassener, wohingegen Babyboomer deutlich mehr um ihre berufliche Zukunft bangen. Auch im Geschlechtervergleich fallen Unterschiede auf: Mehr Frauen schienen keinen Einblick in die Entscheidungsprozesse ihres Unternehmens zu haben als ihre männlichen Kollegen.

Stress und Überstunden – die unsichtbare Belastung von Stellenabbau

Die Folgen sind spürbar: 62 % der Betroffenen gaben an, dass die Veränderungen zu einem deutlichen Rückgang der Motivation führten. Gleichzeitig berichteten 31 % von einem Anstieg der eigenen Krankmeldungen, während 56 % bei ihren Kolleginnen und Kollegen vermehrt Krankheitsausfälle beobachteten. Die Urlaubsplanung bleibt ebenfalls nicht unberührt: 18 % mussten bereits ihre Ferienpläne anpassen und Reisen stornieren oder verschieben. Weitere 15 % erwarten künftige Einschränkungen. Insgesamt zeigt sich eine gestiegene Arbeitsbelastung: 43 % der Befragten nehmen eine Erhöhung wahr – 18 % empfinden diese als drastisch, 25 % als leicht erhöht. Manager sehen sich mit 52 % häufiger stärker belastet als ihre Mitarbeitenden mit 37 %, und  Vollzeitkräfte berichten über einen höheren Anstieg (44 % vs. 37 % bei Teilzeitkräften). Von den 148 Befragten, die von einer erhöhten Arbeitslast sprechen, berichten 45% von hohem Stress und Überforderung, während 44 % angeben, dass sie die Situation relativ gut managen können.

Fehlende Kompensation – Alarmstufe Rot

Die Mehrbelastung findet zudem nicht immer die angemessene Anerkennung: Von den Personen, die über steigende Arbeitsbelastung berichten, erhalten 33 % einen Freizeitausgleich, 24 % bekommen Überstunden finanziell vergütet und 19 % erwarten Boni oder vergleichbare Ausgleichszahlungen. Alarmierend ist, dass 46 % keinerlei Kompensation für ihre Überstunden erhalten. Diese fehlende Anerkennung könnte langfristig zu einem erheblichen Rückgang der Motivation und Mitarbeiterbindung führen, wenn Gratis- und Mehrarbeit vom Arbeitgeber als gegeben angesehen wird.

Wer war lange nicht im Urlaub?

Protime-CEO Gille Sebrechts zur Studie: „Die Zahlen zeigen deutlich, unter welchem Druck viele Beschäftigte in Deutschland derzeit stehen – nicht zuletzt durch aktuelle Einstellungsstopps und Entlassungen. Gerade in solchen Zeiten darf Transparenz kein nettes Extra sein, sondern muss als echte Führungsaufgabe verstanden werden. Zeiterfassung dient dabei nicht der Kontrolle, sondern schafft dringend benötigte Klarheit: Für Mitarbeitende bedeutet das, schwarz auf weiß zu sehen, wie viel sie tatsächlich arbeiten – faktenbasiert und ehrlich. Für Führungskräfte ist es ein wertvolles Instrument, um nach organisatorischen Veränderungen den Überblick zu behalten: Wer war lange nicht im Urlaub? Wo häufen sich Überstunden? Wo droht Überlastung? So wird Zeiterfassung zu einem direkten Weg, den Puls des Teams zu fühlen. Denn operative Exzellenz beginnt nicht bei Prozessen, sondern bei echtem Verständnis für die Realität im Arbeitsalltag. Und die zeigt sich in Zahlen – ungeschönt, aber hilfreich. Wenn der Druck steigt, ist es Transparenz, die dafür sorgt, dass Teams gesund, menschlich und verbunden bleiben.“

¹Die Daten dieser Befragung basieren auf Online-Interviews mit Mitgliedern des YouGov Panel. Für diese Befragung wurden im Zeitraum vom 24.03. bis 03.04.2025 insgesamt 1.460 Personen in Deutschland befragt.  24 % der Befragten – also 343 Personen –  haben  in den letzten zwölf Monaten für ein Unternehmen gearbeitet, das während eines wirtschaftlichen Abschwungs schon mal einen Einstellungsstopp verhängt oder Mitarbeiter / Mitarbeiterinnen entlassen hat.

Quelle: Protime

 

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