„Ein vertrauensvolles Team trägt auch Unsicherheiten mit“ : Interview mit Oliver Kempkens, Geschäftsführer der Headhunter Kempkens x Kohler GmbH in München, über Vertrauen und Selbstreflexion
"Es zählt nicht nur, was Mitarbeiter sagen, sondern auch das, was sie nicht sagen." Warum Vertrauen nicht nur beim Thema Homeoffice wichtig ist.

HRP: Wie viel Vertrauen ist wichtig und richtig? Gerade beim Thema Homeoffice gibt es oftmals verschiedene Sichtweisen.
Oliver Kempkens: Vertrauen ist der Schlüssel – nicht nur im Homeoffice – in der Zusammenarbeit. Jedoch zeigt sich gerade beim mobilen Arbeiten, wie sehr Führung auf Vertrauen basiert. Wenn ich meinen Mitarbeitenden nicht zutraue, auch ohne direkte Kontrolle gute Arbeit zu leisten, dann ist das kein Führungsproblem – dann ist das ein Kulturproblem. Natürlich heißt Vertrauen nicht, dass alles laufen muss, wie es will. Es braucht klare Ziele, Transparenz und einen regelmäßigen Austausch. Aber das Grundgefühl sollte sein: Ich vertraue dir, dass du deinen Job gut machst. Das ist eine Haltung und keine Kontrolle.
HRP: Bei welchen (anderen) Themen ist es besonders wichtig, dass es eine solide Vertrauensbasis zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden gibt?
Kempkens: Immer dann, wenn’s anspruchsvoll, komplex und fordernd wird, wie beispielsweise bei Veränderungen, neuen oder notleidenden Projekten. Hier zeigt sich, wie tragfähig die Beziehung ist; die wiederum auf Vertrauen basiert. Ich erlebe es oft: Wenn ein Team hinter der Führung steht, dann trägt es auch Unsicherheit besser mit, dann kann man auch „Zutrauen“ oder aber einen Vertrauensvorschuss einfordern. Dabei wirkt Vertrauen wie ein Sicherheitsnetz. Es erlaubt Menschen, sich einzubringen, Ideen zu teilen, auch mal Fehler zu machen, ohne Angst zu haben. Und das ist enorm wichtig – gerade in einer Zeit, in der wir permanent in Bewegung sind und in Bewegung sein werden, wie wir am Standort Deutschland in den nächsten 25 Jahren noch sehen werden.
HRP: Wie stellt eine Führungskraft fest, dass ihre Mitarbeitenden (kein) Vertrauen in sie haben? Und wie lässt sich in negativen Fällen reagieren?
Kempkens: Es zählt nicht nur, was Mitarbeiter sagen, sondern auch das, was sie nicht sagen. Wenn Menschen offen Feedback geben, Verantwortung übernehmen, proaktiv mitdenken – dann ist das ein gutes Zeichen. Wenn hingegen viel Rückzug da ist oder Unsicherheit oder nur noch Dienst nach Vorschrift, dann ist das ein Warnsignal. Und dann muss ich mich als Führungskraft fragen: Habe ich genug Raum für Austausch geschaffen? Bin ich ansprechbar? Höre ich wirklich zu? Es hilft, aktiv Feedback einzuholen – und das ehrlich auszuhalten. Vertrauen kann man wieder aufbauen – aber dafür muss ich bereit sein, mich selbst zu reflektieren.
HRP: Was ist neben Vertrauen wichtig, damit Mitarbeitende ihren Job gerne machen und gerne Teil des Teams oder Unternehmens sind?
Kempkens: Ganz klar die drei „Ps“ Sinn (purpose), Wertschätzung (praise) und Entwicklung (progress). Menschen wollen verstehen, wofür sie etwas tun und wie ihr Beitrag sein kann. Mitarbeiter als Menschen wollen wachsen, sie wollen lernen, sich weiterentwickeln, etwas bewegen und verstehen, was sie tun. Wenn wir das bieten – einen Sinn, eine echte Kultur der Anerkennung und Möglichkeiten zur Entfaltung – dann entsteht Motivation nicht nur im Kopf, sondern auch im Herzen, und das braucht es um gemeinsam erfolgreich zu sein. Abgeleitet gehört dazu auch das passende Inzentiv- und Gehaltsmodell.
HRP: Vielen Dank für das Interview.
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