Verzicht auf Erfahrungswissen können wir uns nicht leisten
Die 58er-Regelung besagte, dass ältere Arbeitslose auf Antrag vom Arbeitsamt nicht mehr vermittelt werden. Weder unsere Wirtschaft, noch die Arbeitsvermittlung und auch nicht die Politik haben ein Konzept, geschweige denn eine Strategie, wie Menschen im Alter von 60+ sich wirtschaftlich und fachlich weiter einbinden lassen.

Laut statistischem Bundesamt werden bis 2036 etwa 13 Millionen Erwerbstätige das Renteneintrittsalter überschritten haben. Mehr als ein Viertel der heute Erwerbstätigen. Mit ihnen verlassen stetig Know-how, Kompetenz und Erfahrung die Wirtschaft. Unser Land kann sich diesen Verlust an Potenzial nicht leisten, wenn es global wettbewerbsfähig bleiben will.
Einerseits suchen wir dringend Fachkräfte. Andererseits verabschieden wir sie stetig in den Ruhestand, in den viele Menschen so gar nicht wollen. Damit verschwinden diese Menschen vom klassischen Arbeitsmarkt. Wir differenzieren ständig zwischen den Generationen X, Y und Z. Wir loten ihre Stärken und Schwächen aus. Das gleiche sollten wir auch am anderen Ende der Lebensskala tun. Wer heute aus dem Arbeitsleben ausscheidet, vor dem liegen oft noch viele Jahre Ruhestand und Freizeit. Wer nicht in ein Loch fallen will, sucht sich noch eine Beschäftigung. Arbeit ist sinnstiftend. Und wer bei Wikipedia unter dem Stichwort „Erfahrungswissen“ sucht, bekommt eine Fülle von Anregungen.
In der Arbeitswelt von Morgen können Rentner helfen, den Fachkräftemangel zu kompensieren
Die 58er-Regelung besagte, dass ältere Arbeitslose auf Antrag vom Arbeitsamt nicht mehr vermittelt werden. Weder unsere Wirtschaft, noch die Arbeitsvermittlung und auch nicht die Politik haben ein Konzept, geschweige denn eine Strategie, wie Menschen im Alter von 60+ sich wirtschaftlich und fachlich weiter einbinden lassen. Seit Jahren erleben wir gravierende Veränderungen in der Arbeitswelt. Die klassischen Berufsbilder zerlegen sich. Karrieren verlaufen nicht mehr linear. Menschen gehen im fortgeschrittenen Alter neue Wege. Die Lebensentwürfe verändern sich. Die Bereitschaft, im Alter noch einmal umzusatteln, wächst. An den Universitäten steigt die Zahl der älteren Studierenden und Zuhörer. Die Flexibilität in der Arbeitswelt nimmt ständig zu. KI verändert die Prozesse und kreiert neue Arbeitsfelder. Nie zuvor haben so viele hochqualifizierte Menschen den Arbeitsmarkt verlassen wie heute. Viele suchen gar nicht den Rückzug ins Private. Den allzu oft fehlt das Geld für teure Vergnügungen und Hobbies.
Fördern, beraten, qualifizieren, vermitteln, begleiten, fordern und Vorbehalte abbauen
Viele wollen ihre finanzielle Situation aufbessern, noch etwas leisten, ihr Können einbringen und weitergeben. Sie wünschen sich soziale Kontakte und möchten gebraucht werden. Deshalb bedarf es dringend einer Arbeitsmarktreform, die die die Älteren stärker einbindet. Abgesehen von den Pflegediskussionen hat sich unsere Gesellschaft bisher wenig um dieses gekümmert. Die „Silberlocken“ sind nicht nur eine Macht an der Wahlurne. Die Mission Silberlocke der LINKEN hat gezeigt, was sie zum Erfolg beitragen können. Wirtschaft und Politik jammern über die Belastungen, die unser Rentensystem mit sich bringt. Dabei fehlt vielen einfach der Blick für die Chancen der Generation R (Rentner). Wer im Alter dazuverdient, sollte keine finanziellen Nachteile in Kauf nehmen müssen. Vielleicht ließen sich damit auch die gewünschte Mehrarbeit und die krankheitsbedingten Arbeitsausfälle kompensieren. Wir brauchen nicht nur die technischen, sondern auch die sozialen Innovationen. Da geht noch Vieles. Es darf nicht sein, dass ein Viertel unserer Bevölkerung nur noch als Belastung gesehen und verwaltet wird.
Arbeitsmarkt für die ältere Generation schaffen
Richard Kaan, Buchautor und Experte fürs Arbeiten im Alter, bringt es auf den Punkt: „Die Jungen rennen schneller – die Älteren kennen die Abkürzung“. Ihnen kommen ihre Lebens-und Berufserfahrung zugute. Dieses Erfahrungswissen gilt es zu nutzen. Das Umdenken in einzelnen Personalabteilungen hat schon begonnen. Es gibt bereits verschiedene Projekte und Arbeitsgruppen. Wer konkrete Beispiele und Anregungen zu diesem Thema sucht, dem empfehle ich im Internet die Sendung des Deutschlandfunks „Kompetenzerhalt – Warum ist Erfahrungswissen für unsere Gesellschaft so wichtig?“. 26 Minuten Podcast, die sich lohnen.
Suche nach Erfolgsgeschichten
Wie können Unternehmen und Staat das Arbeiten im Alter attraktiver machen. Erstmals scheint sich darüber auch die neue Regierung Gedanken gemacht zu haben. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Meistern dieser Herausforderungen. Und senden Sie uns Ihre Erfolgsgeschichten. Wir veröffentlichen sie gern. Damit können wir andere motivieren und inspirieren.
Das Gefühl, wahrgenommen und gebraucht zu werden, wünschen wir uns alle. Das gehört zu einem erfüllten Leben.
Wir wünschen allen, die am 26. und 27. März in Hamburg auf der Zukunft Personal Nord sein werden, eine erfolgreiche Messe.
Weitere Artikel zum Thema

Franz Langecker
Chefredakteur HR Performance