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Lost in Perfection? : Fehlzeiten im Job durch stressbedingte psychische Leiden

Stress gilt in der heutigen Leistungsgesellschaft häufig als Statussymbol und Perfektionismus als ein Zeichen von Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus haben sich die ständige Erreichbarkeit per Smartphone & Co. und die immer stärker verschwimmenden Grenzen zwischen Beruf und Privatleben mittlerweile wie selbstverständlich etabliert.

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Perfektionismus
Foto: ©AdobeStock/Udayakumar

Bis an die Grenze der Belastung und darüber hinaus: Fast die Hälfte der Berufstätigen fühlt sich im Job häufig hohem Druck und Belastungen ausgesetzt. 15 Prozent stehen sogar sehr häufig unter Stress. Bei den erwerbstätigen Frauen sind es sogar 20 Prozent, wie eine aktuelle forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse zeigt.

Hauptgrund dafür sind nicht etwa Stress mit der Chefin/dem Chef oder ständige Mehrarbeit, sondern in erster Linie die Anforderungen an die eigene Person. So stecken rund zwei Drittel der Erwerbstätigen (65 Prozent) buchstäblich in der Perfektionismus-Falle: Sie fühlen sich durch die hohen Ansprüche an sich selbst unter Druck gesetzt, ihre Aufgaben im Job bestmöglich zu erledigen. Ein fast ebenso großer Stresstreiber ist der Zeitdruck im Arbeitsalltag (62 Prozent). Erst mit deutlichem Abstand folgen die Erwartungshaltungen anderer (40 Prozent).

Je rund ein Drittel der Berufstätigen fühlt sich durch zu viele Überstunden beziehungsweise zu hohe Leistungsanforderungen gestresst (36 bzw. 32 Prozent). Eine schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben oder ein zu geringes Gehalt belasten jeweils rund jede/n Vierte/n (27 bzw. 23 Prozent). Bei etwa je einem Fünftel der Befragten lösen wiederum eine schlechte Stimmung im Team beziehungsweise Mobbing oder die Kontrolle durch Vorgesetzte Stress aus (21 bzw. 19 Prozent).

Erst Burnout, dann Depression?

Laut forsa-Umfrage ist gut jeder vierte Erwerbstätige (28 Prozent) laut eigenem Bekunden schon einmal aufgrund von hohem Druck und Belastungen im Berufsleben ausgefallen.

Ein Blick auf Daten zur Arbeitsunfähigkeit von KKH-Versicherten zeigt darüber hinaus einen Anstieg von Fehltagen wegen stressbedingter psychischer Leiden wie akuter Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen: Im ersten Halbjahr 2024 kamen 109 Fehltage auf 100 ganzjährig versicherte Mitglieder. Im Vorjahreszeitraum waren es 105, vor fünf Jahren, also 2019, noch 75 Fehltage pro 100 Erwerbstätige. Bei depressiven Episoden verzeichnet die KKH im Fünfjahresvergleich einen Anstieg von 89 auf 102 Tage pro 100 Versicherte. Auch die Fehltage wegen Burnout – meist als Syndrom zu Beginn einer Stresserkrankung oder im Zuge weiterer seelischer Leiden diagnostiziert – bewegen sich vor allem seit 2022 auf einem hohen Niveau (elf Tage pro 100 Erwerbstätige). 2019 waren es noch acht Tage.

Insgesamt befinden sich die Fehzeiten wegen psychischer Erkrankungen seit vergangenem Jahr auf dem höchsten Stand seit Beginn der Analyse im Jahr 2017. Seinerzeit kamen noch 298 Krankheitstage auf 100 ganzjährig versicherte Berufstätige. Mittlerweile sind es 388 Tage.

Stress meist Frauensache?

„Unsere Umfrage zeigt, dass Stress sehr individuell wahrgenommen und stark von der eigenen Einstellung beeinflusst wird“, sagt KKH-Arbeitspsychologin Antje Judick. Das sei zunächst eine gute Nachricht, denn daran ließe sich auch ohne direkte Veränderungen im Job oder an den Rahmenbedingungen arbeiten. Nicht zu vernachlässigen sei aber auch der Druck, der von außen wahrgenommen wird: Stress gilt in der heutigen Leistungsgesellschaft häufig als Statussymbol und Perfektionismus als ein Zeichen von Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus haben sich die ständige Erreichbarkeit per Smartphone & Co. und die immer stärker verschwimmenden Grenzen zwischen Beruf und Privatleben mittlerweile wie selbstverständlich etabliert. Vom Job über die Familie bis hin zu Freizeit und Sport: Ständig greifbar zu sein und Perfektes abzuliefern gilt als Inbegriff von Erfolg.

Laut forsa-Umfrage fühlen sich deutlich mehr berufstätige Frauen als Männer sehr häufig gestresst (20 zu 11 Prozent). Antje Judick wundert das nicht, vor allem mit Blick auf die Doppelbelastung Familie und Beruf und deren Ausgestaltung in der Gesellschaft. Frauen wollen und sollen heutzutage nicht nur in ihrer Rolle als Mutter glänzen und großartige Freizeitaktivitäten organisieren, sondern auch eine perfekte Karriere machen. Der Druck ist also immens. Frauen leiden häufiger als Männer an stressbedingten psychischen Krankheitsbildern wie Anpassungsstörungen und in der Folge auch an Depressionen, da sie stärker belastet sind und dadurch weniger Zeit für ihre eigene Erholung haben. Bei Männern hingegen sind die Ursachen für Dauerstress häufig rein beruflicher Natur. Sie haben oftmals den Anspruch, sich über den Job zu profilieren. So können also nicht nur Überlastung, sondern auch selbst auferlegte Anforderungen im Berufsleben zu einem Burnout führen.

K.o. durch Burnout vermeiden

Tückisch: Das Ausbrennen ist ein schleichender Prozess. Anfangs befinden sich Betroffene noch in einer Art Hochleistungsmodus, sie fühlen sich stark, treffen Entscheidungen im Minutentakt. Doch folgen auf solche Stressmomente keine Entspannungsphasen mehr, stellen sich erste Anzeichen von Überforderung und Erschöpfung ein wie Kopfschmerzen, Muskelverspannungen, Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen. Leider hat der hohe Belastungsdruck oftmals zur Konsequenz, dass Warnsignale des Körpers falsch interpretiert oder gänzlich ignoriert werden. Wer dann nicht gegensteuert und keine Handlungsoptionen kennt, setzt die Abwärtsspirale in Gang. Betroffene fühlen sich irgendwann völlig leer und antriebslos. Psychische Erkrankungen können die Folge sein.

Quelle: KKH Kaufmännische Krankenkasse

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