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Rauskommen aus den starren Strukturen! : Mit und ohne Vier-Tage-Woche

Wer gehofft hatte, die Studie würde den Nachweis erbringen, dass sich damit Krankentage senken und die Produktivität sichtbar steigern ließen, wurde enttäuscht. Dafür waren die Firmen zu speziell und der Beobachtungszeitraum zu kurz. Seit 2015 laufen in ganz Europa Experimente mit der Vier-Tage-Woche. Ob in Island, Irland, Spanien oder Großbritannien, die Ergebnisse sind durchweg positiv.

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Foto: ©AdobeStock/VK Studio

Haben Sie die Ergebnisse der Pilotstudie über die Vier-Tage-Woche überrascht? Vergangene Woche füllten die Auswertungen des Projekts die Medien. 45 Firmen entschieden sich Anfang des Jahres an dem Pilotprojekt teilzunehmen, das von der Unternehmensberatung Intraprenör begleitet wurde. Inzwischen haben 41 Unternehmen die Testphase abgeschlossen oder stehen kurz davor. Die Firmen kamen aus den Bereichen Dienstleistung, Fertigung, IT und Medien. In einigen Unternehmen nahmen nur einzelne Teams am Projekt teil. Zwei Firmen brachen ihre Teilnahme aufgrund „wirtschaftlicher Herausforderungen oder mangels interner Unterstützung“ ab.

Für Carsten Meier von Intraprenör schlummert das Potenzial der verkürzten Arbeitszeit unter komplizierten Prozessen, Meetings und geringer Digitalisierung. Um den Wegfall von Arbeitszeit zu kompensieren, trafen die beteiligten  Unternehmen verschiedene Maßnahmen: Gezielte Vermeidung von Ablenkungen, Optimierung bestehender Prozesse, Einsatz neuer digitaler Werkzeuge, weniger und kürzere Meetings.

Ein weiterer freier Tag verändert das Leben der Menschen und die Arbeit in den Firmen

Man mag es drehen und wenden, wie man will, die Ergebnisse des Projekts machen Mut. Die Mitarbeiter berichteten von einer signifikanten Veränderung ihrer Lebenszufriedenheit. Die zusätzlich gewonnene Freizeit kam der physischen und mentalen Gesundheit zugute. Das heißt auch mehr Zeit für Bewegung und Schlaf. Selbst Burnout-Meldungen gingen zurück. Die Komplexität und die Herausforderungen der Arbeitswelt haben in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen.  Das gilt auch für den privaten Alltag. Wer Kinder oder betreuungsbedürftige Angehörige hat, weiß, dass Care-Arbeit uns alle angeht. Wir müssen sie gerechter verteilen und organisieren. Um unsere persönliche Resilienz zu stärken, brauchen wir auch unsere eigenen Auszeiten.

Wer gehofft hatte, die Studie würde den Nachweis erbringen, dass sich damit Krankentage senken und die Produktivität sichtbar steigern ließen, wurde enttäuscht. Dafür waren die Firmen zu speziell und der Beobachtungszeitraum zu kurz. Seit 2015 laufen in ganz Europa Experimente mit der Vier-Tage-Woche. Ob in Island, Irland, Spanien oder Großbritannien, die Ergebnisse sind durchweg positiv. Ob sich dabei alle Erwartungen der Arbeitgeber erfüllen, wird die Zukunft zeigen. In puncto Produktivität zeigen Studien, dass Länder mit hoher durchschnittlicher Arbeitszeit weniger produktiv sind, als diejenigen mit niedrigerer durchschnittlicher Arbeitszeit.

Beim Thema Fachkräftemangel überzeugte die Vier-Tage-Woche mehr junge Menschen, sich in deutschen Handwerksbetrieben zu bewerben. Auch wenn die Nachweise noch fehlen, gehen Wissenschaftler davon aus, dass sich mit einer wie auch immer organisierten Vier-Tage-Woche die Krankenstände senken lassen. Wer Kreativität und Motivation erhöhen will, muss sich von der zeitbasierten Arbeitskultur lösen. Nicht die Zahl der Stunden zählt, sondern der Output. Und last, but not least zeigt die aktuelle Studie: Die Firmen gewinnen zufriedenere Mitarbeitende und verbessern so spürbar ihre Attraktivität im Markt.

Vision von der Arbeit der Zukunft und der Zukunft der Arbeit

Die Ergebnisse der aktuellen Pilotstudie haben nicht nur Begeisterung ausgelöst. „Weniger Arbeit bei gleichem Geld in Zeiten der Rezession ist ein deutliches Zeichen von Realitätsverlust“, erklärte David Zülow, Vorsitzender der NRW-Familienunternehmer. Die Zeit der Babyboomer neigt sich dem Ende. Damit verbunden ist auch ein Paradigmenwechsel. Mit der Generation Y und Z gibt es keinen Kurs zurück. Wir leben in anderen Zeiten mit veränderten Prioritäten. Technologie durchdringt und beherrscht unsere Arbeits- und  Lebenswelt.

Der Digitalgipfel 2024 am Montag und Dienstag dieser Woche in Frankfurt zeigte, wie sehr Deutschland bereits den Anschluss in der digitalen Welt verloren hat. Hier entstanden und entstehen unsere Produktivitätsverluste. Zu viele Entscheider stehen auf den Bremsen. Sie haben Angst vor Veränderungen. Der Fokus auf dem potenziellen Verlust macht sie blind für die Chancen. Diese liegen aber in der Zukunft und nicht in der Vergangenheit. In den Medien und in der Politik in Deutschland dominieren die Probleme. Für Zuversicht, Optimismus, Aufbruchstimmung, Visionen und Lösungen bleibt kein Platz. Das passt scheinbar nicht in die deutsche Kultur. Deutschland war schon öfter der „Kranke Mann“ Europas.

Unser Land und die Menschen erleben einen Umbruch, aus dem wir alle gestärkt hervorgehen werden. Die Vier-Tage-Woche ist ein Lichtblick, dem weitere folgen werden. Die Unternehmen müssen die „Fenster“ für Neues öffnen und von den „toten Pferden“ absteigen, dann lassen sich die Arbeitsbedingungen ändern, neue Prozesse installieren und die Einsamkeit am Arbeitsplatz gehört der Vergangenheit an.

Franz Langecker

Franz Langecker

Chefredakteur HR Performance

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