Die digitale Personalakte als Rückgrat moderner HR-Prozesse
Es ist ratsam, sich frühzeitig mit den praktischen Möglichkeiten digitaler Personalakten auseinanderzusetzen. Unternehmen sollten sich bei der Einführung auf fundierte Beratung stützen, um sowohl funktionale, technische als auch rechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Ein Überblicksbeitrag, wie das bestmöglich gelingen kann.

Rechtlicher Rahmen: Revisionssicherheit als Pflicht
Mit der Reform des Nachweisgesetzes, das Anfang 2025 in Kraft trat, hat der Gesetzgeber die Grundlage für eine durchgängige Digitalisierung der Personalakte geschaffen. Seitdem reicht für Arbeitsverträge und weitere Dokumente die digitale Signatur aus. Allerdings bestehen weiterhin Ausnahmen:
Für befristete Arbeitsverträge sowie für Kündigungen und Aufhebungsverträge bleibt die Schriftform zwingend vorgeschrieben. Bis Hängeregistratur und Aktenschränke endgültig verschwinden, wird also noch etwas Zeit vergehen.
Damit ein digitales Archiv rechtssicher ist, müssen hohe Standards eingehalten werden. Diese sind unter anderem in den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Buchführung (GoBD) geregelt. Revisionssicherheit bedeutet, dass Dokumente nicht ohne Weiteres geändert oder gelöscht werden können, jede Änderung protokolliert wird und hierfür eine Verfahrensdokumentation vorliegt.
Einen einheitlichen Standard für die Zertifizierung der Revisionssicherheit gibt es bislang jedoch nicht. Anbieter verweisen deshalb häufig auf Wirtschaftsprüfer, die Lösungen nach einschlägigen Prüfungsstandards wie IDW PS 880 oder ISAE 3000 testieren können.
Sind die Akten der HR-Suiten rechtssicher?
In der Praxis zeigt sich, dass nicht alle digitalen Personalakten das halten, was sie nach außen hin versprechen. Die Akten-Module in gängigen HR-Suiten – auch bei führenden Lösungen wie SAP SuccessFactors oder Workday – erfüllen die Anforderungen an die Revisionssicherheit oft nicht. Meist handelt es sich um einfache Dokumentenablagen ohne Protokollierung oder Versionierung. Viele HR-Softwarehersteller kooperieren daher mit spezialisierten DMS-Anbietern oder ermöglichen die Anbindung bestehender Archivsysteme. Nur durch diese Kombination lassen sich rechtliche Anforderungen zuverlässig erfüllen.
Automatisierung der Dokumentenerstellung
Während die digitale Archivierung in vielen Unternehmen schon etabliert ist, bleibt die Dokumentenerstellung häufig ein manueller Prozess. Word-Vorlagen, in die Stammdaten manuell übertragen werden, sind noch weit verbreitet. Integrierte Systeme automatisieren diese Arbeit: Sie fügen Stammdaten direkt aus der Datenbank des HR-Systems ein.
Moderne Lösungen können darüber hinaus auch mit variablen Textbausteinen arbeiten, wodurch die Anzahl der Vorlagen massiv reduziert werden kann. Ein Arbeitsvertrag kann somit automatisch die richtige Probezeit, Befristung oder Regelung zum Firmenwagen enthalten.
Diese Form der automatisierten Erstellung spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch Fehler. Besonders praxistauglich sind Self-Service-Ansätze: Mitarbeitende können bestimmte Dokumente selbst anfordern oder sogar eigenständig erzeugen. So wird eine Arbeitgeberbescheinigung für den Kindergarten oder die Wohnungssuche nicht mehr manuell auf Anfrage durch HR erstellt, sondern direkt im Mitarbeiterportal generiert. KI-gestützte Chatbots oder Assistenten machen diesen Prozess auch für weniger digitalaffine Mitarbeitende einfach zugänglich.
Digitale Signatur und intelligente Workflows
Einen großen Mehrwert bieten Akten-Lösungen, die nicht nur Dokumente speichern, sondern aktiv in die Workflow-Logik der HR-Suite eingebunden werden. Aus der Akte heraus erzeugte Dokumente lassen sich so direkt mit Genehmigungs- und Unterzeichnungsprozessen verknüpfen. Damit wird die Akte zum Ausgangspunkt automatisierter Abläufe, die früher aufwendig per E-Mail oder Papiermappe koordiniert werden mussten.
Ein typisches Beispiel dafür ist die Erstellung eines Arbeitszeugnisses. Früher musste die HR-Abteilung zunächst die Bewertung der Führungskräfte einholen, die dafür passenden Textbausteine auswählen, das Zeugnis erstellen und die Unterschriften einholen.
Heute können moderne Systeme Führungskräfte durch einen strukturierten Prozess führen: Sie wählen anhand eines digitalen Formulars die Leistungsbewertung der Mitarbeitenden aus, woraufhin das System automatisch ein rechtlich einwandfreies Zeugnis generiert. Die arbeitsrechtlich geprüften Textbausteine werden dabei zentral gepflegt, sodass unzulässige Formulierungen ausgeschlossen sind. Im nächsten Schritt wird das Zeugnis digital signiert – sei es durch die Führungskraft, die Personalabteilung oder beide – und automatisch an die zuständigen Parteien zur Freigabe weitergeleitet. Die Integration einer digitalen Signatur sorgt dafür, dass das Dokument rechtsgültig und jederzeit nachvollziehbar abgeschlossen wird.
Ein weiterer Vorteil ist, dass aus der Akte heraus erstellte Dokumente nach Zeichnung und Abschluss des Workflows automatisch an der richtigen Stelle in der Personalakte archiviert werden. Der manuelle Aufwand für Ablage und Zuordnung entfällt vollständig.
Die HR-Mitarbeitenden gewinnen dadurch nicht nur Zeit, sondern auch die Sicherheit, dass die Prozesse lückenlos dokumentiert und revisionssicher abgeschlossen sind.

Digitale Löschfristenüberwachung
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der digitalen Personalakte ist die automatisierte Überwachung von Löschfristen. Bereits ohne KI-Funktionalitäten können Unternehmen für jeden Dokumententyp und nach geltendem Landesrecht definieren, wann Dokumente aus der Akte gelöscht werden müssen.
So kann eingestellt werden, dass Dokumente und Datensätze zu einem Mitarbeitenden in Deutschland zehn Jahre nach Austritt gelöscht werden. Bei manchen Dokumententypen, wie zum Beispiel Abmahnungen, können aber auch abweichende Löschfristen hinterlegt werden. Die Software prüft fortlaufend die hinterlegten Fristen und kennzeichnet Dokumente, die zur Löschung anstehen, oder führt die Löschung automatisiert durch.
Dies reduziert nicht nur den administrativen Aufwand erheblich, sondern stellt auch sicher, dass gesetzliche Anforderungen zur Aufbewahrung und Löschung personenbezogener Daten eingehalten werden. Die Löschfristen können flexibel an nationale Vorgaben, Unternehmensrichtlinien oder spezifische Dokumentarten angepasst werden, sodass die Personalakte dauerhaft revisionssicher bleibt. Gleichzeitig bleibt nachvollziehbar dokumentiert, wann welches Dokument gelöscht wurde oder noch gesperrt ist, um Compliance und Auditfähigkeit sicherzustellen.
Integration in die HR-IT-Landschaft
Die digitale Personalakte entfaltet ihren eigentlichen Wert nicht als isoliertes System, sondern als zentraler Knotenpunkt innerhalb der HR-IT. Sie entwickelt sich von einer reinen Ablage hin zu einer zentralen, vertrauenswürdigen Quelle für alle personalrelevanten Dokumente. Nur wenn die Akte tief in die HR-Suite integriert ist, lassen sich doppelte Dateneingaben, fehleranfällige Schnittstellenlösungen und Medienbrüche vermeiden.
In unseren Beratungsprojekten legen wir daher besonderen Wert auf integrierte Architekturen. Wir erleben immer wieder, dass Unternehmen die digitale Akte zwar eingeführt haben, die Systeme jedoch nicht sauber miteinander verzahnt sind. Das führt dazu, dass Stammdatenänderungen nicht automatisch in die Akte übernommen werden oder Dokumente manuell nachgepflegt werden müssen. Eine konsequente Integration stellt dagegen sicher, dass jede Änderung im führenden System – beispielsweise eine neue Adresse – unmittelbar auch in der Akte sichtbar ist und dort in neue Dokumente einfließt. Die Anbindung an das Organisationsmanagement ist die Voraussetzung, dass Workflows und gelenkte Dokumente automatisiert den Weg zu den genehmigenden Führungskräften finden.
Zukunftsausblick: Von der Automatisierung zur prädiktiven HR
Die digitale Personalakte ist richtig eingesetzt schon jetzt imstande, die administrativen Prozesse rund um die Personaldokumente stark zu reduzieren. Die Entwicklungsabteilungen der HR-Softwareanbieter arbeiten jedoch bereits an der weiteren Integration von KI mittels Assistenzsystemen.
In Zukunft könnten digitale Akten zum Beispiel eigenständig prüfen, welche Dokumente in bestimmten Situationen benötigt werden. Wird etwa ein Versetzungsprozess angestoßen, erkennt das System automatisch, dass ein Änderungsvertrag erforderlich ist, generiert diesen aus den hinterlegten Bausteinen und leitet ihn in die passenden Genehmigungs- und Signatur-Workflows weiter.
Auch die Bedienung wird intuitiver werden: Sprach- und Chat-Interfaces ermöglichen es, Dokumente ohne Umwege durch Ordnerstrukturen aufzurufen. Statt die richtige Aktenregisterkarte zu suchen, genügt eine Anfrage wie „Bitte zeig mir den letzten befristeten Vertrag von Mitarbeiterin XY“. Die Akte durchsucht selbstständig die archivierten Dokumente und stellt das gewünschte bereit.
Darüber hinaus werden Assistenzsysteme künftig beim Einhalten rechtlicher Vorgaben unterstützen. KI kann automatisch überwachen, wann Dokumente gemäß gesetzlichen Vorgaben gelöscht werden müssen, ob ein Dokument korrekt in der Akte archiviert wurde oder ob noch eine digitale Signatur fehlt.
So wird die Einhaltung von Aufbewahrungsfristen, Zugriffsrechten und Audit-Trails nicht mehr von manuellen Kontrollen abhängig sein, sondern komplett systemgestützt erfolgen. Die digitale Personalakte wird sich noch weiter zu einem intelligenten Begleiter im Dokumentenmanagement entwickeln. Zwar bleibt sie in erster Linie ein Archivsystem, erweitert ihren Nutzen aber durch aktive prozessuale Unterstützung: von der automatischen Dokumentenerstellung über die revisionssichere Archivierung bis hin zur vorausschauenden Überwachung von Fristen und Compliance.
Fazit
Die digitale Personalakte ist eine der wichtigsten Instrumente, um personelle Aufwände für rein administrative Prozesse gering zu halten. Ihr volles Potenzial entfaltet sie jedoch nicht isoliert, sondern im engen Zusammenspiel mit einem führenden HR-System. So lassen sich Dokumente nahtlos in Workflows mit digitaler Signatur einbetten, während gleichzeitig die Anforderungen an Revisionssicherheit erfüllt werden müssen. Nicht alle Anbieter gewährleisten dies mit Eigenentwicklungen, weshalb eine sorgfältige Prüfung der Lösung essenziell ist.
Die Integration von KI-Assistenzfunktionen in digitale Personalakten wird künftig den Zugriff auf Dokumente und deren Erstellung deutlich vereinfachen. Darüber hinaus könnten solche Systeme proaktiv Handlungsempfehlungen geben oder bestimmte Prozesse eigenständig ausführen, etwa die Generierung, die Freigabe und die Archivierung von Dokumenten.
Angesichts dieser Entwicklungen ist es ratsam, sich frühzeitig mit den praktischen Möglichkeiten digitaler Personalakten auseinanderzusetzen. Unternehmen sollten sich bei der Einführung auf fundierte Beratung stützen, um sowohl funktionale, technische als auch rechtliche Aspekte zu berücksichtigen.

Autor:
Dominic Daubenberger ist Geschäftsführer von Consult-HR und berät als Senior Consultant Unternehmen bei der Digitalisierung von HR-Prozessen sowie bei der Auswahl und Einführung von HR-Lösungen. Der gelernte Historiker ist seit 2010 als Unternehmensberater mit Schwerpunkt Personalmanagement-Software tätig und hat 2017 mit Consult-HR ein eigenes spezialisiertes HR-Beratungshaus gegründet.

Erfahren Sie mehr zur digitalen Personalakte in unserem Whitepaper „Automatisiert, integriert, revisionssicher: Die digitale Personalakte als Rückgrat moderner HR-Prozesse“. Jetzt downloaden!