Fake-Bewerber nehmen Unternehmen ins Visier : KI, Deepfakes und Betrugsnetzwerke bedrohen den Recruiting-Alltag
Die Professionalisierung von Fake-Bewerbungen zwingt Unternehmen dazu, Recruiting neu zu denken – technisch wie kulturell. Tipps für Unternehmen.

Sie sind perfekt vorbereitet, motiviert und kompetent. Der Haken: Sie existieren nicht. Immer mehr Unternehmen sehen sich mit gefälschten Bewerbungen konfrontiert, die durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Deepfake-Technologie täuschend echt wirken. Laut einem Gartner-Bericht aus April 2025 wird bis 2028 jede vierte Bewerbung zumindest teilweise manipuliert sein. Was als technologische Spielerei begann, entwickelt sich zunehmend zu einem Risiko für IT-Sicherheit, HR-Prozesse und Arbeitgebermarke.
Aus dem Posteingang droht Gefahr
„Wir haben in den letzten Monaten mehrfach Bewerbungen erhalten, die sich im Nachhinein als gezielte Angriffsversuche herausstellten – mit manipulierten PDFs oder angeblichen Bewerbungslinks“, berichtet Thomas Hoffmann, Managing Director bei Robert Walters. Besonders heimtückisch: Viele Dateien sehen aus wie ganz gewöhnliche Bewerbungsunterlagen. Tatsächlich handelt es sich aber um präparierte Dateien, die Schadsoftware installieren oder interne Netzwerke infiltrieren sollen. Die Bedrohung ist real – und sie beginnt oft mit einem scheinbar harmlosen Klick.
Interviews sind täuschend echt
Auch in Vorstellungsgesprächen steigt die Manipulationsgefahr. „Uns berichten Unternehmen, dass sie Video-Interviews mit scheinbar perfekt passenden Kandidaten geführt haben – doch bestimmte Reaktionen wirkten verzögert, die Mimik unnatürlich. Am Ende stellte sich heraus: Es handelte sich um Deepfakes“, so Hoffmann. Die eingesetzten Technologien sind inzwischen so ausgereift, dass selbst erfahrene HR-Profis Schwierigkeiten haben, Täuschungen sofort zu erkennen.
Wirtschaftlicher Schaden und Reputationsverlust
Gefälschte Bewerbungen haben nicht nur sicherheitsrelevante Folgen, sondern wirken sich auch auf Budget und Effizienz aus. Gerade bei Bezahlmodellen wie „Cost per Application“ zahlen Unternehmen für jede Bewerbung – unabhängig von deren Echtheit.
Zudem wächst das Misstrauen gegenüber echten Bewerbenden, was die Candidate Experience massiv belastet. „Das Vertrauen in die eigenen Prozesse muss unbedingt aufrecht erhalten werden, ohne ehrliche Kandidaten unter Generalverdacht zu stellen – eine Gratwanderung, die Fingerspitzengefühl verlangt“, sagt Hoffmann.
Tipps für Unternehmen
- Bewerbungsportale technisch absichern (z. B. durch Captchas, Filter für Dateiformate, Virenscanner).
- Bewerbungen mit ungewöhnlich perfekter Sprache, generischen Angaben oder identischen Textbausteinen hinterfragen.
- Schulungen für HR-Teams einführen, um Deepfake-Technologie zu erkennen.
- Multi-Faktor-Verifizierung bei Remote-Bewerbungsprozessen implementieren.
- Enge Zusammenarbeit zwischen HR, IT und Compliance – Prävention ist Teamsache.
Fazit
Die Professionalisierung von Fake-Bewerbungen zwingt Unternehmen dazu, Recruiting neu zu denken – technisch wie kulturell. „Wir sehen, dass die Grenzen zwischen HR und IT-Sicherheit zunehmend verschwimmen. Deshalb brauchen Unternehmen klare Prozesse und geschulte Teams, um Fakes zu erkennen und abzuwehren“, betont Hoffmann. Nur so lassen sich Risiken minimieren, ohne den Bewerbungsprozess für ehrliche Talente unnötig zu verkomplizieren. Transparenz, Vorsicht und digitale Kompetenz werden zur neuen Basis erfolgreichen Recruitings.
Quelle: Robert Walters