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„Beim Thema Zeitwertkonten gibt es reichlich Gesprächsbedarf“ : Interview mit Dr. Andreas Hoff, Spezialist für Arbeitszeitsysteme aller Art

Wir haben mit Dr. Andreas Hoff, Spezialist für Arbeitszeitsysteme aller Art, darüber gesprochen, worauf zu achten ist, damit sich bAV und Zeitwertkonten nicht kannibalisieren und warum nicht pauschal von Vor- und Nachteilen der Zeitwertkonten ausgegangen werden kann.

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Wecker neben Glas mit angespartem Geld
Foto: ©AdobeStock/sichon

HRP: Zeitwertkonten können entscheidend im Wettbewerb um die besten Fachkräfte sein. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Vor- bzw. Nachteile von Zeitwertkonten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Dr. Andreas Hoff: Vorab: Ihr Eingangs-Satz ist aus meiner Sicht reiner Marketing-Sprech. Mitarbeitende interessieren sich nicht für Zeitwertkonten, sondern für die Möglichkeit, Auszeiten zu nehmen und später flexibel aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. Das kann, muss man aber nicht mit dem komplexen und zudem finanziell grundsätzlich nicht sonderlich interessanten Instrument Zeitwertkonten unterstützen. Auszeiten können sehr einfach mit Hilfe von Block-Teilzeitarbeit geregelt werden nach dem Prinzip „9 Monate Arbeit – 3 Monate frei – durchgehend 75% Vergütung“, und beim Übergang in den Ruhestand gibt es mittlerweile ja die stufenlose Teilrente bei unbegrenztem Hinzuverdienst, sodass Zeitwertkonten auch hier nicht erforderlich sind. Ihre eigentliche Frage kann im Übrigen nicht allgemein, sondern nur vor dem Hintergrund des jeweiligen betrieblichen Angebots beantwortet werden – siehe Frage 2.

HRP: Der Betriebsrat hat bei der Einführung und der Gestaltung des Zeitwertkontos ein Mitspracherecht. Was darf er mitbestimmen und welche Punkte müssen in der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall enthalten sein?

Dr. Hoff: Die Aushandlung von Zeitwertkonto-Betriebsvereinbarungen kann wegen der vielen zu regelnden Punkte und teils gegenläufigen Interessen beider Seiten schwierig und zeitaufwendig sein. Vielfach erwarten Betriebsräte zum Beispiel, dass der Arbeitgeber den Wertguthaben-Aufbau subventioniert und/oder die mit der Wertguthaben-Anlage verbundenen Kosten vollständig übernimmt – aber warum sollte er das tun? Auf der anderen Seite muss der Arbeitgeber wirtschaftlich daran interessiert sein, dass Wertguthaben als Freistellung innerhalb des Arbeitsverhältnisses dann realisiert werden, wenn dies betriebsseitig passt – was jedoch deren Attraktivität für die Mitarbeiter entsprechend reduziert. Es gibt also reichlich Gesprächsbedarf – und das letztlich erreichte Ergebnis zeigt dann die Vor- und Nachteile für beide Seiten.

HRP: bAV und Zeitwertkonten können sich gegenseitig beeinflussen. Was sollte bei der Umwandlung beachtet werden?

Dr. Hoff: In der Tat droht Kannibalisierung. Vor diesem Hintergrund sollten Betriebe vor allem etwas für die Altersversorgung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun, diese also insbesondere auch finanziell fördern, ansonsten aber vor dem Hintergrund zunehmenden Arbeitskräfte-Mangels daran arbeiten (etwa mit Maßnahmen des Gesundheitsschutzes), ältere Mitarbeiter*innen länger im Betrieb zu halten – und sei es auf Teilzeitbasis neben einer vorgezogenen Teilrente.

HRP: Vielen Dank für das interessante Interview.

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