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Warum es häufig an Kultur und Kommunikation scheitert : Transformation im Mittelstand

Wir haben mit Eva Mettenmeier und Katharina Stein über die Transformation von (mittelständischen) Unternehmen gesprochen, über die Rolle der Persönlichkeit der Unternehmerin bzw des Unternehmers und die Vorteile, die Familienunternehmen jetzt ausspielen sollten.

7 Min. Lesezeit
Verschiedene Menschen unterhalten sich in bunten Sprechblasen über Kultur und Kommunikation in Unternehmen.
Foto: ©AdobeStock/MirucsArt

Interview mit Eva Mettenmeier, Managing Director der Maschinenraum GmbH, und Katharina Stein, Director der Klenk & Hoursch AG, Beratung für Kommunikation und Public Affairs

HRP: Wann genau braucht ein Unternehmen eine Transformation und wie wird es zukunftsfähig?

Eva Mettenmeier: Ein Unternehmen braucht immer dann eine Transformation, wenn sich die äußeren Bedingungen so stark verändern, dass die bisherigen Erfolgsmodelle nicht mehr tragen. Sei es durch technologische Entwicklungen wie KI, durch geopolitische Unsicherheiten oder durch neue Bedürfnisse von Kundinnen bzw Kunden und Mitarbeitenden. Transformation ist kein klar umrissenes Projekt mit Start und Ziel. Es ist vielmehr eine grundsätzliche Haltung: Wer zukünftig erfolgreich sein will, muss bereit sein, sich von Gewohntem zu lösen und neue Wege zu gehen, auch wenn der Ausgang offen ist. Zukunftsfähig wird, wer die richtigen Fragen stellt, anstatt nur alte Antworten zu wiederholen. Es braucht Mut, aktiv neue Wege zu gehen, selbst und vor allem dann, wenn es keine Erfolgsgarantie oder sichere Prognose gibt. Für Familienunternehmen bedeutet das oft, sich stärker nach außen zu öffnen, externe Impulse zuzulassen und den Austausch über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg aktiv zu suchen. Ich beobachte, dass sich selbst progressive Unternehmen mit dieser Offenheit noch schwertun können, doch sie ist eine wesentliche Voraussetzung für kontinuierliche Weiterentwicklung.

HRP: Warum kann Kommunikation der Schlüssel für erfolgreiche Transformation sein und bekommt sie den Stellenwert, den sie verdient?

Katharina Stein: Transformation ist ein umfassender und im Kern zutiefst kommunikativer Prozess, in dem Menschen informiert, mitgenommen und befähigt werden müssen. Häufig wird Transformation jedoch eindimensional betrachtet – als rein technisches oder strukturelles Vorhaben. Dabei wird übersehen, dass diese Maßnahmen nur ein Teil eines Gesamtprozesses sind, der alle Aspekte des Unternehmens betrifft. Für eine erfolgreiche Transformation braucht es einen ganzheitlichen Blick und eine strategische Kommunikation, die Zielgruppen erreicht, Botschaften über die richtigen Kanäle gezielt steuert. Nur wenn alle Beteiligten verstehen, welche spezifische Rolle sie spielen und wie sie zum Erfolg beitragen, kann Wandel gelingen. Gleichzeitig fungiert Kommunikation als Frühwarnsystem für Widerstände, schafft Vertrauen durch Transparenz und reduziert Unsicherheiten.

HRP: In welchen Punkten benötigen gerade Familienunternehmen Unterstützung bei der Transformation?

Mettenmeier: Viele Familienunternehmen stehen für Kontinuität – ein großes Kapital, das in Zeiten des Wandels allerdings auch zur Herausforderung werden kann. Was oft fehlt, ist die Brücke zwischen der eigenen Wertebasis und zukunftsfähigen Strukturen und Prozessen. Genau hier braucht es Unterstützung, sowohl konzeptionell als auch operativ. Auch bei der Weiterentwicklung von Mitarbeitenden stoßen viele Familienunternehmen an ihre eigenen Grenzen. Es fehlen nicht selten Ressourcen, Zeit oder das passende Know-how, um systematisch und wirkungsvoll in Personalentwicklung zu investieren. Gleichzeitig sind besonders Unternehmen, die sich verändern, darauf angewiesen, ihre Mitarbeitenden auf veränderte Rollen und Anforderungen vorzubereiten. Gerade in Familienunternehmen ist es herausfordernd, neue Technologien schnell und wirkungsvoll zu adaptieren. Benötigte Kompetenzen werden meist intern aufgebaut, da sie extern schwer zu finden oder kulturell schwer integrierbar sind. Umso wichtiger ist der Austausch mit Personen aus anderen Unternehmen, die sich mit ähnlichen Fragen beschäftigen. Denn häufig ist man im eigenen Unternehmen allein mit einem spezifischen Thema. Der Blick über das eigene System hinaus beschleunigt das Lernen und hilft, Herausforderungen besser einzuordnen.

HRP: Wie können mittelständische Transformationen begleitet werden und welche kommunikativen Besonderheiten gibt es dabei?

Mettenmeier: Transformation braucht Orientierung und die entsteht vor allem durch klare Kommunikation über das Warum der Veränderung. Im Mittelstand erleben wir oft informelle Strukturen, was einerseits die Kommunikation vereinfachen, aber auch zu Intransparenz führen kann. Wirkungsvolle Begleitung bedeutet deshalb, Mitarbeitende frühzeitig einzubinden, Führungskräfte gezielt zu stärken und auch Widerstände ernst zu nehmen, anstatt sie zu übergehen. In Familienunternehmen ist Kommunikation oft eng mit der Unternehmer:innenpersönlichkeit verknüpft. Das kann sehr glaubwürdig wirken, wird aber schnell zum Risiko, wenn das klare Commitment fehlt. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmerinnen und Unternehmer Veränderung nicht nur einfordern, sondern aktiv vorleben. Transformation braucht Ausdauer und klare Priorisierung. Wenn Zahlen und Kundenaufträge drängen, rutschen die sogenannten weichen Themen schnell von der Agenda. Dann ist es entscheidend, diszipliniert zu bleiben und Kulturarbeit nicht als Nice-to-have, sondern als zentralen Bestandteil unternehmerischer Verantwortung zu begreifen.

Stein: Mittelständische Unternehmen sind meist aus einer direkten, persönlichen Kommunikationskultur herausgewachsen. Diese Nähe schafft eine wertvolle Vertrauensbasis. Doch mit zunehmender Unternehmensgröße und steigenden Transformationsanforderungen reicht dies nicht mehr aus. Ohne strukturierte Kommunikation können Veränderungen nicht verankert werden. Dabei müssen Familienunternehmen nicht alles im Alleingang leisten – im Gegenteil: Für viele Unternehmen aus dem Mittelstand liegt eine große Chance darin, sich gezielt Expertise ins Haus zu holen und mit anderen in den Austausch zu gehen. Je nach vorhandenen Ressourcen kann der Bedarf hier von der punktuellen strategischen Beratung bis zur vollen Umsetzung der internen und externen Kommunikation reichen.

HRP: Wie können Familienunternehmen ihre Vorteile ausspielen und ihre Führungskräfte stärken?

Mettenmeier: Die große Stärke vieler Familienunternehmen liegt im langfristigen Denken. Wenn diese Beständigkeit mit echter Offenheit für Veränderung verbunden wird, entsteht ein klarer Vorsprung. Langfristigkeit schafft Vertrauen. Bei Mitarbeitenden genauso wie bei Partnern. Dies ist ein stabiles Fundament, auf dem sich Wandel sicher gestalten lässt. Führungskräfte brauchen in Transformationsprozessen nicht nur Wissen, sondern Vertrauen in ihre Rolle, in ihre Entscheidungen und in die Kultur, die sie mitprägen. Wir erleben, dass Programme zur Persönlichkeitsentwicklung oft wirksamer sind als klassische Führungstrainings. Denn Führung bedeutet für mich nicht Steuerung, sondern Beziehungsarbeit. Besonders wirksam wird sie dann, wenn Führungskräfte sich selbst als Teil des Wandels begreifen. Nicht als Kontrollinstanz, sondern als Ermöglicherinnen und Ermöglicher.

Stein: Um Veränderungen überzeugend zu vermitteln, müssen Führungskräfte für zielgerichtete Kommunikation befähigt werden. Sie benötigen eine klare Change-Story, die das „Warum“ der Veränderung verständlich erklärt. Hier ist die Unternehmenskommunikation gefragt. In Trainings kann geübt werden, wie Botschaften souverän und entsprechend der individuellen Teamsituation vermittelt werden können. Dabei können Familienunternehmen ihre gewohnte Nähe und Direktheit als besonderen Kommunikationsvorteil ausspielen. Ebenso wichtig sind passende Formate und Tools, die Austausch ermöglichen oder Informationen vermitteln. Führungskräfte- und Unternehmenskommunikation müssen eng verzahnt sein, um der Bedeutung gerecht zu werden, die Kommunikation hat, um Veränderungsprozesse erfolgreich zu gestalten und nachhaltig im Unternehmen zu verankern.

HRP: Welche Rolle spielen die Familie oder die Unternehmer-Persönlichkeit im Familienunternehmen bei der Transformations- und Innovationsfähigkeit eines Familienunternehmens?

Mettenmeier: Die Unternehmerfamilie ist oft das emotionale und strategische Zentrum des Unternehmens. Ihre Haltung entscheidet darüber, wie schnell oder ob überhaupt Transformation gelingt. Will die Familie den Wandel, kann er schnell gelingen. Blockiert sie, steht das Unternehmen still. Viele Familienunternehmen denken in Generationen, nicht in Quartalen. Diese langfristige Perspektive schafft nicht nur Vertrauen, sondern auch eine besondere Form von Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden und Gesellschaft. Transformation gelingt dann besonders gut, wenn Unternehmerinnen und Unternehmer sich nicht nur als Impulsgebende verstehen, sondern aktiv mitgestalten. Dafür braucht es Persönlichkeiten, die bereit sind, Haltung zu zeigen, Risiken einzugehen und Vorbild zu sein, auch wenn es unbequem wird. 

HRP: Welche Rolle haben Führungskräfte allgemein als Kommunikatoren im Transformationsprozess?

Stein: Führungskräfte sind das kommunikative Herzstück jeder Transformation: Sie treiben den Wandel voran und schaffen durch ihre Kommunikation die nötige Orientierung für alle Beteiligten. Sie fungieren dabei als Motivatoren, Vorbilder und Vertrauenspersonen. In dieser Rolle können sie, indem sie Offenheit und Veränderungsbereitschaft authentisch vorleben, die nötige Dynamik erzielen. Fehlende Führungskompetenz, Unentschlossenheit oder ein Mangel an Unterstützung durch das Top-Management können den Transformationsprozess hingegen stark behindern. Hinzu kommt, dass besonders jüngere Generationen mehr Transparenz und Austausch fordern, weshalb Führungskräfte als Schlüsselpersonen nicht nur die Veränderung anstoßen, sondern auch dafür sorgen müssen, dass diese nachvollziehbar und kontinuierlich vermittelt und im Arbeitsalltag gelebt wird.

HRP: Sie setzen sich im Female Cross Mentoring Programm für die Karriereförderung weiblicher Führungskräfte ein. Was gefällt Ihnen besonders an dieser Aufgabe?

Mettenmeier: Mich begeistert die Wirksamkeit von Mentoring. Ich kann beobachten, wie sich die Karrieren der Mentees durch die Zusammenarbeit mit ihrer Mentorin verändern. Diese Entwicklung ist sichtbar und macht Mut. Gerade in Familienunternehmen braucht es Formate, die Frauen auf ihrem Weg in Schlüsselpositionen gezielt begleiten. Denn mehr Diversität in Führung ist kein Selbstzweck, sondern ein klarer Wettbewerbsfaktor. Wenn wir es ernst meinen mit zukunftsfähigen Unternehmen, müssen wir Frauen den Weg nach oben ermöglichen. Genau das passiert hier. Das Programm bringt Menschen aus unterschiedlichen Unternehmen zusammen. Daraus entsteht ein Netzwerk, das trägt und im Alltag unterstützt. Beide Seiten lernen dabei: Nicht nur die Mentee entwickelt sich in diesem Jahr weiter, auch die Mentorin erhält neue Impulse und reflektiert ihre eigene Haltung und Führung.

HRP: Vielen Dank, liebe Frau Mettenmeier und liebe Frau Stein, für das interessante Interview.

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