Elterngeld gestalten : Senkung der Einkommensgrenze
Der Anspruch auf Elterngeld besteht jedoch nur, wenn das zu versteuernde Einkommen der berechtigten Person oder die Summe des zu versteuernden Einkommens der berechtigten Personen im Jahr vor Geburt des Kindes die sog. Einkommensgrenze nicht überstiegen hat, § 1 Abs. 8 BEEG. Mit Wirkung zum 1. April 2024 wurde diese Einkommensgrenze gesenkt. Ab dem 1. April 2025 sinkt die Einkommensgrenze für Paare sogar noch einmal.
Neuregelungen im Elterngeldgesetz – Wie Arbeitgebende Folgen mildern und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen können.
Ende des Jahres 2023 wurde durch den Deutschen Bundestag der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Haushaltsfinanzierungsgesetz beschlossen. Neben zahlreichen anderen Sparvorhaben hat auch das Bundeselterngesetz eine Neuregelung erfahren. Diese trat mit weitreichenden Folgen am 1. Januar 2024 in Kraft (Bundesgesetzblatt vom 22. Dezember 2023 Nr. 412; zur finalen Beschlussempfehlung BT-Drucks. 20/9792).
Elterngeld und was sich (nicht) ändert
Das Elterngeld soll Eltern eine freiere Entscheidung ermöglichen, in welchem Umfang sie zugunsten der Kinderbetreuung auf die Erwerbstätigkeit verzichten möchten. Der finanzielle Druck soll durch das Elterngeld gemindert und der Verdienstausfall zumindest teilweise aufgefangen werden. Die Höhe des Basiselterngelds beläuft sich dabei regelmäßig auf 67 % des durchschnittlichen Nettoeinkommens der letzten zwölf Monate vor der Geburt des Kindes, dem sog. Bemessungszeitraum, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG.
Das Elterngeld ist durch den Mindestbetrag von monatlich EUR 300 und der Höchstbetrag von monatlich EUR 1.800 begrenzt. Diese Werte blieben von den staatlichen Sparmaßnahmen bislang verschont. Viel zu kürzen gibt es hier allerdings auch nicht: Seit der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 wurde weder der Mindest- noch der Höchstbetrag des Elterngeldes angepasst.
Der Anspruch auf Elterngeld besteht jedoch nur, wenn das zu versteuernde Einkommen der berechtigten Person oder die Summe des zu versteuernden Einkommens der berechtigten Personen im Jahr vor Geburt des Kindes die sog. Einkommensgrenze nicht überstiegen hat, § 1 Abs. 8 BEEG.
Mit Wirkung zum 1. April 2024 wurde diese Einkommensgrenze von vormals EUR 300.000 für Paare auf EUR 200.000 und von vormals EUR 250.000,00 für Alleinerziehende auf EUR 150.000 gesenkt. Ab dem 1. April 2025 sinkt die Einkommensgrenze für Paare sogar noch einmal auf EUR 175.000.
Diese Entwicklung wirft die Frage auf, ob und wie Arbeitgebende die Situation für die bei ihnen beschäftigten Eltern verbessern können. Denn wer in Zeiten des Fachkräftemangels qualifizierte Mitarbeitende finden und halten will, muss die Vereinbarkeit von Job und Familie gewährleisten. Allein auf das staatliche Elterngeld kann man sich hierbei nicht (mehr) verlassen.
Gestaltungsmöglichkeiten für das Elterngeld – was geht und was nicht?
Soweit der Anspruch auf Elterngeld durch die Senkung der Einkommensgrenze für sog. Spitzenverdiener vollständig entfällt, erwägen manche Arbeitgebende gerade in Branchen, in denen Fachkräftemangel herrscht, zur Gewinnung oder zur Bindung von (gutverdienenden) Mitarbeitenden das staatliche Elterngeld durch eigene Leistungen zu ersetzen. Doch auch wenn ein Elterngeldanspruch besteht, möchten manche Unternehmen aufgrund derselben Motivation dieses gerne durch zusätzliche Zahlungen aufstocken. Doch auch dazu haben Arbeitgebende nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten. Was geht (und was nicht) erläutern wir nachfolgend:
Aufstockung des Elterngelds
Obwohl zunächst zusätzliche Zahlungen der Arbeitgebenden naheliegend erscheinen, würden laufende Zahlungen zu einer Reduzierung des Elterngelds führen. Denn bezieht der elterngeldberechtigte Elternteil während des Bezugszeitraumes solche Zuzahlungen, handelt es sich um Einkommen, das den Elterngeldanspruch mindert, vgl. § 2 Abs. 3 BEEG. Der Anspruch kann dabei bis auf den Mindestsatz von EUR 300 absinken. Der finanzielle Mehraufwand von Arbeitgebenden würde also nicht dazu führen, dass sich die Situation von Eltern (finanziell) bessern würde. Dieses Modell würde stattdessen bewirken, dass Arbeitgebende das Elterngeld zahlen. Dann sind zwar etwaige Einkommensgrenzen unbeachtlich. Tatsächliche Vorteile würden aus diesem Modell jedoch nicht resultieren.
Blockmodell
Eine andere denkbare Möglichkeit ist die sog. Wertguthabenvereinbarung, vgl. § 7b SGB IV und § 7c Abs. 1 Nr. 1 b) SGB IV. Nach diesem Modell würden Eltern während einer Ansparphase einen Teil ihrer Vergütung als Wertguthaben ansammeln und sich während der Freistellungsphase, also z. B. während der Elternzeit, auszahlen lassen. Hierdurch wird einerseits die Vergütung während des zwölfmonatigen Bemessungszeitraums des Elterngelds reduziert und dadurch unter Umständen bei „Spitzenverdienern″ der Anspruch auf Elterngeld überhaupt erst begründet. Andererseits wird die Einkommenseinbuße während des Bezugs des Elterngeldes durch die angesparte Vergütung gemindert.
Damit gehen jedoch zwei Nachteile für Eltern einher: Durch die Reduzierung der durchschnittlichen Vergütung während der zwölf Monate vor Geburt des Kindes sinkt das Einkommen nicht nur (beabsichtigt) unter die Einkommensgrenze. Da das Einkommen vor Geburt des Kindes die Grundlage zur Bemessung der Höhe des Elterngeldes darstellt, würde sich hierdurch ggf. gleichzeitig auch die Höhe des Elterngeldes reduzieren. Zudem wird das angesparte und während der Elternzeit ausgezahlte Wertguthaben vollständig auf das Elterngeld angerechnet, vgl. § 2 Abs. 3 BEEG. Dies führt – je nach Höhe – dazu, dass sich der Elterngeldanspruch bis zum Mindestbetrag von EUR 300 reduzieren könnte.
Eine Wertguthabenvereinbarung ist daher vor allem für zwei Fälle interessant: Um das staatliche Elterngeld vollständig zu ersetzen oder um die Elternzeit (ggf. in Teilzeit) zu verlängern.
Einmalzahlung (sog. „Babybonus“)
Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit sind Einmalzahlungen an Eltern z. B. als sog. Babybonus.
Solange die Einmalzahlung im laufenden Kalenderjahr der Geburt des Kindes gezahlt wird, bleibt sie für die Frage der Einkommensgrenze (§ 1 Abs. 8 BEEG) jedenfalls dann außer Acht, wenn beide Elternteile angestellt sind. Denn dann ist das zu versteuernde Einkommen während des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums maßgeblich, d. h. während des letzten vollen Kalenderjahrs, vgl. § 25 Abs. 1 EStG.
Ob und wie Einmalzahlungen bei der Bemessung der Höhe des Elterngeldes zu berücksichtigten sind, ist kompliziert und nicht selten Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Dieses Problem kann jedoch umgangen werden, wenn die Einmalzahlung erst nach Abschluss des Bemessungszeitraums geleistet wird, also frühestens im Monat der Geburt des Kindes, vgl. § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG.
Während des Bezugs von Elterngeld wird die Einmalzahlung nur für denjenigen Monat angerechnet, in dem sie geleistet wird. Sie führt daher nur einmal und nicht während des gesamten Bezugszeitraums zur Reduzierung des Elterngelds.
Die Anrechnung lässt sich sogar vollständig vermeiden, wenn die Einmalzahlung nach dem Ende des Bemessungszeitraums und vor dem Beginn des Bezugszeitraums gezahlt wird, also z. B. während der Mutterschutzfrist nach der Entbindung, vgl. § 3 Abs. 2 MuSchG. Dies setzt allerdings voraus, dass abweichend das Elterngeld nicht ab dem Tag der Geburt des Kindes bezogen wird (§ 4 Abs. 1 BEEG), sondern die Mutterschutzfrist (oder ggf. die Familienstartzeit) abgewartet wird. Besonders gut lässt sich dies natürlich steuern, wenn die Elternzeit nicht direkt nach der Entbindung bzw. in Anschluss an die Mutterschutzfrist genommen wird, sondern erst später. Dies wird in der Regel allerdings vor allem für den Elternteil relevant sein, der nicht entbunden hat.
Obwohl das Gesetz nur wenig Spielraum lässt, lohnt es sich für Mitarbeitende und Arbeitgebende, die Elternzeit auch finanziell individuell zu gestalten
Insbesondere Wertguthabenvereinbarungen und Einmalzahlungen können arbeitende Eltern entlasten. Welches Modell sinnvoll ist, hängt von vielen Faktoren ab: der Unternehmensgröße, der Dauer der Elternzeit, der regulären Vergütung etc.
Dabei stellen die Aufstockung von Elterngeld bzw. Gewährung eines Baby-Bonus o.ä. keineswegs die einzige denkbare Unterstützungsmaßnahmen dar: Auch wenn die gesetzliche Familienstartzeit auf sich warten lässt, sind Arbeitgebende nicht gehindert, dem nicht-entbindenden Elternteil anlässlich der Geburt bezahlten Sonderurlaub zu gewähren – anrechenbar auf die sich abzeichnende Familienstartzeit. Der diesbezügliche Referentenentwurf für die erforderlichen Änderungen der Mutterschutzgesetzes und des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes befindet sich noch immer in der Ressort-Abstimmung. Mit einem Inkrafttreten der Familienstartzeit noch in diesem Jahr ist daher nicht zu rechnen.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem CMS-Blog.
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Nathalie Rieß berät nationale und internationale Unternehmen und Konzerne zu sämtlichen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts. Insbesondere widmet sie sich in ihrer Beratungspraxis allen Aspekten rund um die betriebliche Mitbestimmung und das Betriebsverfassungsrecht. Bei Unternehmenstransaktionen und -restrukturierungen berät sie umfassend in arbeitsrechtlicher Hinsicht und übernimmt die Vertragsgestaltung.
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Sven Groschischka berät Unternehmen in Mitteldeutschland, deutschlandweit sowie international in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Beratung zu betriebsverfassungsrechtlichen Themen, insbesondere bei Verhandlungen von Betriebsvereinbarungen, auch in Einigungsstellen. Besondere Kenntnisse besitzt Sven Groschischka bei der Gestaltung von Vorruhestandsmodellen für rentennahe Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.