„Internationale HR-Arbeit stellt andere Anforderungen als nationale.“ : Interview mit Christine Hercher, HR Leader für Westeuropa und frankophones Afrika bei GE HealthCare, zur länderübergreifenden Rekrutierung
Wie unterscheidet sich internationale von nationaler HR-Arbeit und wie gelingt länder- und standortübergreifendes Recruiting? Wie bedeutend sind Team-Events in internationalen Konzernen und wie gelingt dabei ein Austausch, der über das Fachliche hinausgeht? Diese und weitere Fragen hat uns Frau Christine Hercher im Interview beantwortet.

HR Performance: Frau Hercher, Sie verfügen über jahrzehntelange Erfahrung in der HR-Arbeit in internationalen Konzernen. Was war für Sie dabei die überraschendste Erkenntnis?
Christine Hercher: Es sind zwei Aspekte, die mich über die Jahre besonders beschäftigt haben.
Zum einen habe ich festgestellt, dass die Arbeit in einem Konzern nicht zwangsläufig mit starren Strukturen oder geringer Eigenverantwortung verbunden ist. Ich habe bei GE HealthCare erlebt, wie viel Eigeninitiative und Gestaltungswille in Teams steckt. Kolleg:innen treiben bereichsübergreifend Lösungen voran – oft ohne, dass es von oben angeordnet wird. Das ist echtes Engagement.
Zweitens: Individualität zählt. Auch in großen Organisationen kommt es auf jede einzelne Person an. Wer die vorhandenen Spielräume nutzt, kann Verantwortung übernehmen und aktiv gestalten. Das ist kein Selbstläufer, aber die Möglichkeiten sind da. Und HR hat hier die Aufgabe, diese Räume sichtbar zu machen und zu erweitern.
HRP: In welchen Punkten unterscheidet sich internationale HR-Arbeit am meisten von nationaler?
Hercher: Internationale HR-Arbeit stellt andere Anforderungen als nationale. Globale Entwicklungen wirken direkt auf lokale Entscheidungen – man muss also nicht nur den eigenen Bereich im Blick haben, sondern auch, was in anderen Regionen geschieht.
Gleichzeitig entstehen durch den Austausch zwischen Ländern wertvolle Impulse.
Ich erinnere mich an ein Projekt, bei dem Teams aus Frankreich, Afrika, Deutschland und Spanien anfangs sehr unterschiedlich dachten. Heute profitieren wir enorm von dieser Vielfalt – weil wir gelernt haben, Unterschiede nicht als Hürde, sondern als Innovationsquelle zu sehen.
Während nationale HR oft stark operativ geprägt ist, verlangt die internationale Arbeit mehr strategisches Denken und kulturelle Sensibilität.
HRP: Wie gelingt es Unternehmen bestmöglich, länderübergreifend Mitarbeiter zu rekrutieren?
Hercher: Erfolgreiches Recruiting ist heute global, digital und menschlich zugleich. Digitale Plattformen sind selbstverständlich, doch entscheidend bleiben persönliche Netzwerke und langfristige Beziehungen. Wer Menschen über Jahre hinweg kennt, versteht nicht nur Lebensläufe, sondern auch ihre Motivation.
Ein großer Vorteil ist, dass Standortfragen an Bedeutung verlieren. Bei GE HealthCare sehen wir, dass Talente unabhängig vom geografischen Sitz eingebunden werden können – ein klarer Gewinn für Vielfalt und Flexibilität.
Zudem sind Mitarbeiterempfehlungen gerade international ein wertvolles Instrument. Kolleg:innen öffnen Türen zu Talenten, die über klassische Kanäle gar nicht erreichbar wären.
HRP: Wie sehen Team-Events in internationalen Konzernen aus? Ist das Team-Gefühl generell ein anderes, da die Vielfalt zum Alltag gehört?
Hercher: Internationale Teamevents sind gelebte Vielfalt. Das Gastgeberland bringt Traditionen ein, Kolleg:innen aus anderen Regionen ergänzen mit eigenen Perspektiven. So entsteht ein Austausch, der weit über das Fachliche hinausgeht.
Ein schönes Erlebnis war ein Event in Algier: Traditionelle Kleidung war erwünscht. Im Dirndl war ich die Einzige. Alle fanden mein Outfit spannend, und ich war begeistert von den Gewändern, der Stimmung, dem Tanz und der Offenheit.
Auch virtuell können wir Nähe schaffen: digitale Kochkurse, ein Musikquiz oder gemeinsame Workouts zeigen, dass Teamspirit nicht an Grenzen oder Orte gebunden ist. Vielfalt wird dabei nicht nur gefeiert – sie ist Alltag.
HRP: Vielen Dank für das interessante Interview.

Christine Hercher, HR Leader für Westeuropa und frankophones Afrika bei GE HealthCare
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