Arbeitszeitkonten im Schichtbetrieb optimal einsetzen
Bei der Gestaltung von Arbeitszeitkonten werden in der betrieblichen Praxis jedoch viele, teils kostenträchtige Fehler gemacht. Vor diesem Hintergrund beleuchtet unser Autor Dr. Andreas Hoff, wie Schichtplan und Arbeitszeitkonto miteinander gekoppelt werden müssen, wie Ausfallzeiten im Arbeitszeitkonto zu berücksichtigen sind und aus welchen Gründen Arbeitszeitkonten wie gesteuert werden sollten.

Auf Arbeitszeitkonten werden Differenzen zwischen vertraglicher Arbeitszeit einerseits und innerhalb der Vertragsarbeitszeit geleisteter bzw. hierauf anzurechnender Arbeitszeit andererseits verbucht. Sie sind daher in betrieblichen Arbeitszeitsystemen überall dort erforderlich, wo es zu solchen Differenzen kommt oder kommen kann und die Mitarbeiter*innen nicht (im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit) eigenverantwortlich für den Ausgleich auf ihre Vertragsarbeitszeit sorgen sollen. In flexiblen Schichtsystemen sind sie daher unverzichtbar:
- Vertrauensarbeitszeit ist praktisch ausgeschlossen, weil der*die einzelne Mitarbeiter*in hierin nur in Ausnahmefällen für die Einhaltung der Vertragsarbeitszeit verantwortlich gemacht werden kann.
- Der einem flexiblen Schichtsystem zugrunde liegende Schichtplan rechnet sich in aller Regel nicht auf die Vertragsarbeitszeit – sonst wäre er ja höchstwahrscheinlich von deren Dauer und nicht (richtigerweise) vom jeweiligen betrieblichen Bedarf her entwickelt worden. Dies bringt eine Differenz zwischen schichtplanmäßiger und vertraglicher Arbeitszeit mit sich, die am einfachsten mithilfe eines begleitenden Arbeitszeitkontos gehändelt wird.
- Werden Mitarbeiter*innen mit unterschiedlichen Vertragsarbeitszeitdauern im selben Schichtplan eingesetzt – wie dies angesichts des ebenso wünschenswerten wie unvermeidbaren Vordringens der Teilzeitarbeit in die bisherige Vollzeit-Monokultur industrielle Schichtarbeit immer häufiger der Fall ist –, entstehen solche Differenzen sogar zwangsläufig, was den Trend zum Einsatz von Arbeitszeitkonten im Schichtbetrieb weiter verstärkt.
- Und wenn ein Schichtplan nach betrieblichen Regeln flexibel gehandhabt werden kann – etwa mittels Ab- und/oder Ansage von Schichten –, um wechselnde betriebliche Anforderungen, schwankende Mitarbeiter-Verfügbarkeit und/oder Arbeitszeit- und Freizeitwünsche von Mitarbeiter*innen bewältigen zu können, ist dies ohne begleitende Arbeitszeitkonten praktisch nicht vorstellbar.
Bei der Gestaltung solcher Arbeitszeitkonten werden in der betrieblichen Praxis jedoch viele, teils kostenträchtige Fehler gemacht. Vor diesem Hintergrund beleuchte ich in den folgenden drei Abschnitten,
- wie Schichtplan und Arbeitszeitkonto miteinander gekoppelt werden müssen,
- wie Ausfallzeiten im Arbeitszeitkonto zu berücksichtigen sind und
- aus welchen Gründen Arbeitszeitkonten wie gesteuert werden sollten.
Die Kopplung von Schichtplan und Arbeitszeitkonto
Schichtpläne rechnen sich, siehe oben, in aller Regel nicht auf die Vertragsarbeitszeit – was bei differenzierten Vertragsarbeitszeitdauern ja bis auf maximal eine solche Dauer schon per se ausgeschlossen ist. So ist beispielsweise bei Einsatz von 4 Schichtgruppen in vollkontinuierlicher Wechselschicht, also in 21 Betriebsschichten pro Woche, bei angenommen 8h Arbeitszeit pro Schicht planmäßig durchschnittlich 42h/w zu arbeiten – bei fast immer deutlich niedrigeren Vertragsarbeitszeiten, die ich nachfolgend mit (nach stundenweiser Wahl der einzelnen Mitarbeiter* innen) 35 bis 38h/w annehme.
Die Kopplung von Schichtplan und Arbeitszeitkonto basiert auf der Berechnung der Arbeitszeitdauer pro Schicht, mit der ein*e Mitarbeiter*in seine*ihre vertraglichen Arbeitszeit-Verpflichtungen erfüllt. In unserem besonders einfachen Beispiel werden diese Tagesvertragsarbeitszeiten so berechnet: pro Schichtzyklus zu leistende Arbeitszeit [in unserem Beispiel also 4 x Wochen-Vertragsarbeitszeit]: Zahl der pro Schichtzyklus zu leistenden Schichten [in unserem Beispiel also 21]
Daraus ergeben sich in unserem Beispiel die folgenden Tagesvertragsarbeitszeiten:
- bei 38h-Woche [4w x 38h/w : 21 Schichten =] 7,24h bzw. 7h14min
- bei 37h-Woche [4w x 37h/w : 21 Schichten =] 7,05h bzw. 7h03min
- bei 36h-Woche [4w x 36h/w : 21 Schichten =] 6,86h bzw. 6h51min
- bei 35h-Woche [4w x 35h/w : 21 Schichten =] 6,67h bzw. 6h40min
Diese Tagesvertragsarbeitszeiten entsprechen in einem flexiblen Schichtsystem der Nulllinie des begleitenden Arbeitszeitkontos. Arbeitet ein*e Mitarbeiter*in darüber hinaus – wie dies in unserem Beispiel wegen der 8h Arbeitszeit pro Schicht ja regelmäßig geschieht –, entsteht üblicherweise ein Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto, während Abweichungen nach unten – im Schichtbetrieb insbesondere durch Freischichten – diesem Konto belastet werden. Für unser Beispiel bedeutet dies:
- Bei 38h-Woche fließen dem Arbeitszeitkonto pro Schicht 46min zu, während ihm eine Freischicht mit 7h14min belastet wird. Für eine Freischicht müssen also 9,43 Schichten geleistet werden.
- Bei 37h-Woche belaufen sich diese Werte auf 57min bzw. 7h03min, sodass pro Freischicht 7,42 Schichten zu leisten sind.
- Bei 36h-Woche belaufen sie sich auf 1h09min bzw. 6h51min. Pro Freischicht sind also 5,96 Schichten zu leisten.
- Bei 35h-Woche schließlich belaufen sie sich auf 1h20min bzw. 6h40min, sodass pro Freischicht 5 Schichten zu leisten sind.
Dies zeigt zum einen, wie attraktiv schon geringfügige Reduzierungen der Vertragsarbeitszeit für die Mitarbeiter*innen sind, die hierüber auch sehr einfach Geld gegen Zeit tauschen können, und zum anderen, wie einfach solche Reduzierungen mithilfe von Arbeitszeitkonten bewältigt werden können: Um die Gewährung von Freischichten wie in unserem Beispiel muss man sich ja soundso kümmern.
Lesen Sie den vollständigen Beitrag aus der HR Performance 3/2025.