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Q&A Vier-Tage-Woche

Die Einführung einer Vier-Tage-Woche erfordert eine sorgfältige Planung. Hierzu gehört auch die Etablierung eines Verfahrens, mit dem die regelmäßige Überprüfung und Evaluierung der Arbeitszeitregelung erreicht werden kann. Dies ist wichtig, um sicherzustellen, dass die mit der Einführung einer Vier-Tage-Woche gewünschten Ziele erreicht und/oder Anpassungsbedarfe identifiziert werden können.

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Hand hält Zahl 4
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Dieser Beitrag beantwortet die häufigsten Fragen zur Vier-Tage-Woche (hier: Reduzierung der Arbeitszeit um 20 % bei gleichbleibender Vergütung).

Die Einführung einer Vier-Tage-Woche, bei der die Arbeitszeit bei gleichbleibendem Gehalt um 20% reduziert wird, wird seit dem 1. Februar 2024 in Deutschland in einer Pilotstudie noch bis zum 31. Juli 2024 getestet. Die Umsetzung betrifft auch arbeitsrechtliche Fragestellungen, von denen die häufigsten nachfolgend beleuchtet werden:

Kann eine Vier-Tage-Woche jederzeit eingeführt werden?

Die Einführung einer Vier-Tage-Woche steht zwar grundsätzlich im freien Ermessen des Arbeitgebers*. Die einseitige Einführung ist allerdings dann nicht möglich, wenn eine Betriebsvereinbarung oder ein anwendbarer Tarifvertrag anderweitige Regelungen vorsehen. Auch der Arbeitsvertrag kann eine von der Vier-Tage-Woche abweichende zeitliche Verteilung vorsehen. Dann bedarf es einer einvernehmlichen Änderungsvereinbarung oder des Ausspruchs einer Änderungskündigung, die nur im Falle des Vorliegens betrieblicher Gründe gerechtfertigt sein kann, was in aller Regel nicht der Fall sein dürfte.

Worauf ist bei der Einführung zu achten?

Bei der Einführung sind mehrere Punkte zu beachten:

  • Arbeitsverträge: Die individuellen Arbeitsverträge müssen auf den neuen Arbeitsumfang angepasst werden, falls darin spezifische Stunden und Arbeitstage festgelegt sind.
  • Tarifverträge: Falls anwendbar, müssen die Bestimmungen relevanter Tarifverträge beachtet werden.
  • Betriebsvereinbarungen: Auch die betrieblichen Regelungen können Regelungen beinhalten, die im Rahmen der Einführung einer Vier-Tage-Woche zu beachten sind.
  • Gleichbehandlung: Es muss darauf geachtet werden, dass alle Arbeitnehmer gleich und fair behandelt werden. Es dürfen daher nur in Ausnahmefällen, in denen die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt werden kann, Arbeitnehmer z. B. von der Teilnahme an der Vier-Tage-Woche ausgenommen werden.

Müssen die Arbeitnehmer der Einführung zustimmen?

Da die Arbeitsverträge grundsätzlich eine andere Verteilung der Arbeitszeit, nämlich auf fünf Arbeitstage vorsehen dürften, stellt die Umstellung auf eine Vier-Tage-Woche eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen dar, welche grundsätzlich die Zustimmung des Arbeitnehmers erfordert.

Können die Arbeitnehmer die Einführung einer Vier-Tage-Woche verlangen?

Nein, Arbeitnehmer können die Einführung einer Vier-Tage-Woche nicht einseitig durchsetzen. Arbeitszeiten sind üblicherweise Verhandlungssache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder werden durch Kollektivvereinbarungen geregelt.

Sind Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten?

Ja, bei der Einführung einer Vier-Tage-Woche sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten. Insoweit sind insbesondere § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie deren Verteilung auf die Wochentage) und § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bei einer vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit betroffen. )

Sind die Regelungen des ArbZG zu beachten?

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist weiterhin zu beachten. Dies bedeutet unter anderem, dass die Höchstarbeitszeiten und Ruhepausen eingehalten werden müssen. Das dürfte aber bei dem hier dargestellten Modell der Vier-Tage-Woche zu keinem Konflikt führen, da die Arbeitszeit nicht umverteilt, sondern reduziert wird.

Was ist bei der Anordnung von Überstunden bzw. Mehrarbeit zu beachten?

Überstunden müssen weiterhin unter Beachtung der Regelungen des ArbZG und etwaiger Tarifverträge erfolgen. Arbeitgeber müssen auch die Zustimmung des Arbeitnehmers einholen, sofern nicht im Arbeits- oder Tarifvertrag anders geregelt.

Was ist bezüglich des Urlaubsanspruchs und bei Feiertagen zu beachten?

Der Urlaubsanspruch sollte im Verhältnis zur reduzierten Arbeitswoche (nach unten hin) angepasst werden, um allen Arbeitnehmern den gleichen effektiven Erholungszeitraum zu gewähren. Für die Urlaubsberechnung ist auf die durchschnittliche Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage im gesamten Kalenderjahr abzustellen, da der Urlaubsanspruch aufs Kalenderjahr bezogen berechnet wird. Die genaue Anpassung kann von der jeweiligen Regelung im Arbeits- oder Tarifvertrag abhängen.

Für Feiertage, die auf einen arbeitsfreien Tag fallen, besteht in der Regel kein Anspruch auf einen Ersatzruhetag, es sei denn, tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen sehen dies vor.

Wie wirkt sich die Vier-Tage-Woche auf vereinbarte Leistungsziele aus?

Anpassungen der Leistungsziele und des Arbeitsvolumens werden bei der Reduzierung der Arbeitszeit um 20 % in der Regel erforderlich sein. Sie müssen fair und transparent erfolgen, um eine Überlastung der Arbeitnehmer zu vermeiden. Dies kann eine Neubewertung der Arbeitsaufgaben und -ziele erfordern. Eventuell bestehende Vereinbarungen sollten daher überprüft werden.

Hat die Vier-Tage-Woche Auswirkungen auf Sozialleistungen oder die betriebliche Altersvorsorge?

Die Reduzierung der Arbeitszeit hat Auswirkungen auf die Berechnung von Sozialversicherungsbeiträgen, wenn hiermit die Reduzierung des Bruttoarbeitsentgelts einhergeht. Da jedoch das Gehalt im Falle des vorliegenden Vier-Tage-Modells gleichbleibt, bleiben auch die Beiträge zur Sozialversicherung unverändert, solange das Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegt.

Die Auswirkungen auf die betriebliche Altersvorsorge hängen von den spezifischen Bedingungen der Versorgungszusage ab. In der Regel sollte jedoch aufgrund der Beibehaltung des Gehalts eine negative Auswirkung auf die Höhe der betrieblichen Altersvorsorge vermieden werden können.

Wie kann die einmal eingeführte Vier-Tage-Woche wieder beendet werden?

Die Beendigung einer Vier-Tage-Woche bedarf – wenn sie im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer eingeführt wurde – erneut der Zustimmung des Arbeitnehmers oder des Ausspruchs einer (betriebsbedingten) Änderungskündigung. Vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, die Vier-Tage-Woche zunächst auf einen bestimmten Testzeitraum, etwa für sechs Monate, zu befristen. Nach Ablauf dieses Zeitraums lebt die bisherige (ursprüngliche) Arbeitszeit wieder auf, wenn die Betriebs- und Arbeitsvertragsparteien nicht etwas Abweichendes vereinbaren. Zu überlegen wäre auch, losgelöst von einer Befristung weitere Beendigungsmöglichkeiten zu regeln.

Sorgfältige Planung und Umsetzung erforderlich

Die Einführung einer Vier-Tage-Woche erfordert eine sorgfältige Planung. Hierzu gehört auch die Etablierung eines Verfahrens, mit dem die regelmäßige Überprüfung und Evaluierung der Arbeitszeitregelung erreicht werden kann. Dies ist wichtig, um sicherzustellen, dass die mit der Einführung einer Vier-Tage-Woche gewünschten Ziele erreicht und/oder Anpassungsbedarfe identifiziert werden können.

In allen Fällen müssen die Arbeitgeber die spezifischen rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen, die auf ihre Situation zutreffen, einschließlich der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes, der Berücksichtigung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen sowie der Wahrung der Rechte der Arbeitnehmer.

Weitere Informationen zum Thema 4-Tage-Woche sowie allgemein zum Wandel der Arbeitswelt finden Sie in der Publikation „Die Zukunft der Arbeit – New Work mit Flexibilität und Rechtssicherheit gestalten“ (Inka Knappertsbusch, Gerlind Wisskirchen Hrsg.).

This article is also available in English.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem CMS-Blog.

Dr. Inka Knappertsbusch, LL.M.
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Dr. Inka Knappertsbusch

Der Schwerpunkt von Inka Knappertsbusch liegt auf der arbeitsrechtlichen Beratung im Rahmen von Restrukturierungen und Betriebsvereinbarungen. Darüber hinaus berät sie in allen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts sowie des Dienstvertragsrechts. Besondere Kenntnisse besitzt sie außerdem in Datenschutzfragen im Beschäftigungskontext. Sie ist Mitherausgeberin des Buches „Arbeitswelt und KI 2030“. Zu ihren Mandanten zählen internationale Konzerne ebenso wie mittelständische Unternehmen.

Dr. Daniela Rindone
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Dr. Daniela Rindone

Daniela Rindone berät nationale und internationale Mandanten in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt in der Vorbereitung und Durchführung von Umstrukturierungen in Betrieben ebenso wie von Outsourcings- und Personalanpassungsmaßnahmen. Dabei übernimmt sie auch die Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern. Darüber hinaus berät Daniela Rindone Unternehmen bei der Begründung und Beendigung von Arbeits- und Dienstvertragsverhältnissen und im Zusammenhang mit insolvenzbedingten Restrukturierungen.

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