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Anwendung der neuen GVP-Tarifverträge

Es ist dringend zu empfehlen, einen Blick auf die historisch verwendeten und über die Zeit ggf. angepassten Arbeitsverträge zu werfen und insbesondere die dortigen Bezugnahmeklauseln hinsichtlich der konkreten Formulierung zu überprüfen.

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Menschen arbeiten nach Tarifvertrag unter einer großen Uhr
Foto: ©AdobeStock/Anna

Das neue Tarifwerk GVP/DGB! Was steht drin? Was ist zu tun?

Das neue Tarifwerk GVP/DGB gilt nach der Zusammenführung der Tarifverträge von BAP und iGZ für Mitglieder des GVP mit Tarifbindung (sog. T-Mitgliedschaft) laut Satzung „automatisch“; es sind zunächst keine weiteren Schritte zu veranlassen. Ist ein Zeitarbeitnehmer Mitglied einer DGB-Gewerkschaft, gilt das Tarifwerk GVP/DGB aufgrund einer beidseitigen, übereinstimmenden Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien ohne weitere Umsetzung.

Da der Organisationsgrad auf Arbeitnehmerseite in der Zeitarbeitsbranche aber „traditionell“ eher niedrig ist bzw. der Arbeitgeber oftmals nicht genau weiß, ob ein Arbeitnehmer Mitglied in einer DGB-Gewerkschaft ist, sind in den in der Praxis verwendeten Arbeitsverträgen sog. Bezugnahmeklauseln auf die Tarifverträge der Zeitarbeit vorgesehen. Diese sorgen – unabhängig von einer Gewerkschaftszugehörigkeit – dafür, dass die Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

Die vom BAP und iGZ bzw. GVP herausgegebenen Musterarbeitsverträge beziehen sich ausdrücklich auf neu abgeschlossene Tarifverträge, die die bisher von BAP und iGZ mit den DGB-Gewerkschaften vereinbarten Tarifverträge ablösen bzw. ersetzen. Dies bedeutet, dass die dort vorgesehenen Bezugnahmeklauseln sich „automatisch“ auf das Tarifwerk GVP/DGB beziehen und dieses in das jeweilige Arbeitsverhältnis mit dem Zeitarbeitnehmer inkorporieren.

Dies bedeutet letztlich, dass die alten Tarifverträge BAP/DGB und iGZ/DGB über entsprechende Bezugnahmeklauseln ohne weiteres Zutun des Arbeitgebers durch das Tarifwerk GVP/DGB substituiert werden.

ACHTUNG: Es ist dringend zu empfehlen, einen Blick auf die historisch verwendeten und über die Zeit ggf. angepassten Arbeitsverträge zu werfen und insbesondere die dortigen Bezugnahmeklauseln hinsichtlich der konkreten Formulierung zu überprüfen.
Im Übrigen dürfen in den Arbeitsverträgen keine inhaltlichen, für den Zeitarbeitnehmer nachteiligen Abweichungen von den neuen tariflichen Regelungen vorgesehen sein; dies kann dazu führen, dass der Gleichstellungsgrundsatz nicht wirksam abbedungen wird. Vor diesem Hintergrund sollten die bisher verwendeten Arbeitsverträge und auch etwaige Zusatzvereinbarungen einer Sichtung unterzogen werden, um ggf. noch Anpassungen vornehmen zu können, bevor das Tarifwerk GVP/DGB ab dem 1. Januar 2026 in Kraft tritt.

Eine Anwendung der „alten“ Tarifverträge von BAP und iGZ ab dem 1. Januar 2026 wäre grundsätzlich vorstellbar; dies hätte aber zur Folge, dass – neben etwaigen verbandsrechtlichen Sanktionen – der Gleichstellungsgrundsatz nicht mehr wirksam abbedungen wird. Vor diesem Hintergrund ist zu empfehlen, ab dem 1. Januar 2026 die neue Tarifwelt des GVP arbeitsvertraglich und praktisch umzusetzen.

Zu beachten ist auch, dass das Tarifwerk GVP/DGB zur Abbedingung des Gleichstellungsgrundsatzes nicht in Bezug genommen werden kann, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 2026 beginnen soll. Bis zu diesem Zeitpunkt muss zu diesem Zweck noch auf die „alten“ Tarifwerke verwiesen werden; ab dem 1. Januar 2026 kann dann der Wechsel auf die Tarifverträge GVP/DGB erfolgen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem CMS-Blog.

Dr. Alexander Bissels
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Dr. Alexander Bissels

Rechtsanwalt | Fachanwalt für Arbeitsrecht

Alexander Bissels berät nationale und internationale Unternehmen und Konzerne umfänglich im Individual- und Kollektivarbeitsrecht. Er ist ein ausgewiesener Experte im Bereich des Fremdpersonaleinsatzes und hat sich insbesondere auf die Zeitarbeitsbranche und rechtliche Fragestellungen rund um die Arbeitnehmerüberlassung spezialisiert, wobei er sowohl Personaldienstleister (als Verleiher) als auch Entleiher berät. Dabei liegt sein Fokus stets auf einer praxisnahen Begleitung seiner Mandanten. Alexander Bissels hat bereits zahlreiche Projekte zum rechtskonformen Einsatz von Fremdpersonal, insbesondere zur Implementierung einer Compliance-Organisation, verantwortet.

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Dr. Stefan Steeger, LL.B.

Rechtsanwalt

Stefan Steeger berät und vertritt nationale sowie internationale Unternehmen im Individual- und Kollektivarbeitsrecht. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Begleitung der Arbeitgeberseite in betriebsverfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen. Mit seiner arbeitsrechtlichen Expertise begleitet er zudem Um- und Restrukturierungen und übernimmt dabei insbesondere die Verhandlungen über den Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan. Erfahren ist Stefan Steeger nicht zuletzt auch in Fragen der Arbeitnehmerüberlassung. Stefan Steeger ist seit 2019 als Rechtsanwalt tätig, seit 2025 bei CMS.

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