Der Schlüssel zur Zukunft
Die wenigsten Geschichten erweisen sich beim Blick in den Rückspiegel als gradlinig und naheliegend. Der Kampf um die Kunden war immer hart und gelegentlich auch grenzwertig. Mit einem klaren Fokus auf HR wäre SAP nie das Weltunternehmen geworden.
Früher drehte sich alles um Software – heute verändert KI die Welt: Und dazwischen erlebten wir die Jahre der Digitalisierung. Wer weiß schon heute, wie die Geschichtsschreibung das alles eines Tages einordnen wird. Aber es wäre schade, wenn wir bei allem Hype um KI vergessen würden, dass am 16. Mai dieses Jahres ein Mann, ein „Kapitän“, den Führungsstand seines Schiffes verlassen hat.
Hasso Plattner hat mit vier Kollegen 1972 SAP gegründet. Über 50 Jahre hat er den Kurs dieses Unternehmens bestimmt. Am Donnerstag, den 16. Mai, kamen mehr als 3.000 Menschen des SAP-Konzerns aus allen Winkeln der Welt in Mannheim in der SAP-Arena zusammen, um Lebewohl zum letzten Gründer im Unternehmen zu sagen. Es bedarf schon einer besonderen Wetterfestigkeit, um mehr als 50 Jahre lang auf der Brücke zu stehen und den Kurs eines Softwareunternehmens zu bestimmen. Günter Jauch moderierte und Olaf Scholz, der Bundeskanzler, persönlich würdigte das Lebenswerk des ehrgeizigen Unternehmers.
Als am 1. April 1972 fünf ehemalige Mitarbeiter von IBM das Unternehmen „Systemanalyse Programmentwicklung“ gründeten, konnte niemand ahnen, dass 50 Jahre später daraus Deutschlands wertvollstes und Europas größtes Softwarehaus entstehen würde. Heute beschäftigt der Konzern über 100.000 Mitarbeitende weltweit. Die Vision der Gründer war es, Standardsoftware für Unternehmen zu entwickeln, die alle betrieblichen Abläufe integrierte – mehr als nur eine digitale Architektur der Betriebswirtschaft. Die Software entwickelten sie in enger Zusammenarbeit mit den Kunden. Dabei legten sie viel Wert auf Standardisierung und Integration. Niemand hätte es sich damals träumen lassen, dass daraus 50 Jahre später ein Unternehmen wird, dessen Software „in 99 der 100 größten Unternehmen der Welt eingesetzt wird“, wie Bundeskanzler Scholz in Mannheim lobend betonte.
Personalsoftware-Geschichte haben Viele geschrieben
Wer heute auf die HR-Softwarelandschaft blickt, entdeckt viele Gründer, Impulsgeber, Visionäre und Innovatoren. Und die wenigsten Geschichten erweisen sich beim Blick in den Rückspiegel als gradlinig und naheliegend. Der Kampf um die Kunden war immer hart und gelegentlich auch grenzwertig. Mit einem klaren Fokus auf HR wäre SAP nie das Weltunternehmen geworden. Bei HR-Software gaben international Unternehmen wie PeopleSoft und später Workday den Ton an. Und in Deutschland waren und sind es noch immer die mittelständischen Softwareanbieter, die in den Bereichen Zeitwirtschaft, Payroll, Digitale Personalakte, E-Learning und Personalmanagement führend sind.
Seit über 30 Jahren begleitet HR Performance diesen Markt mit der Zeitschrift, mit dem Portal, den Newslettern und den Webinaren. People Business lässt sich nicht in eine „Box“ packen. Viele HR-Lösungen sind ähnlich wie die SAP-Software mit und beim Kunden entstanden. Trotz vieler Standards hat sich die Vielfalt durchgesetzt und sie bleibt. Mit all ihrer Kompetenz und Stärke hat SAP es nicht geschafft, eine eigene erfolgreiche HR-Lösung zu entwickeln. Es war Hasso Plattner, der 2011 beschloss, die offene HR-Breitseite mit dem Kauf von SuccessFactors für 3,4 Milliarden US-Dollar zu schließen. Der Däne Lars Dalgaard hatte das Unternehmen zusammen mit Aaron Au 2001 gegründet. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Au bei einem Besuch 2016 in Palo Alto im HanaHaus. Letzteres war ursprünglich ein Kino, das Plattner gekauft hatte und zu einem Working- und Communication-Space umbauen ließ.
Au erzählte mir damals: „Als um die Jahrtausendwende die Firmen reihenweise insolvent gingen, haben wir die Firmen analysiert, die am schnellsten nach der Insovenz wieder erfolgreich wurden. Wir haben einfach nach ihren successfactors gesucht. Diese wurden für uns dann zu den Ecksteinen der späteren Lösung.“ Plattner hat damit auch SAP-HR-Geschichte geschrieben. In den drei Fragen an Oliver Mey, Human Relations General Manager von L’Oreal in Österreich geht es auch um SuccessFactors. Diese Software schreibt Geschichte.
Der KI-Hype überlagert die digitale HR-Welt
Die Erfolgsgeschichten zeigen, am Anfang stehen die Überzeugung und das Vertrauen in ein Erfolgsmuster. Nicht sehr viel anders erleben wir das auch beim Thema KI. Diese spiegelt lediglich die menschliche Intelligenz mit anderen Mitteln wider. Nur kann die KI im Gegensatz zum Menschen endlos Daten verarbeiten und Muster erkennen, die wir als Menschen so nicht erkennen würden. Dieser technische Fortschritt verändert unser Leben und die Personalarbeit. Und wie schon vor über 50 Jahren dreht sich alles um Daten. Desto valider und umfangreicher die Daten sind, desto besser werden auch die Ergebnisse, die uns KI liefert. Das hilft uns in der Krebsforschung, beim Einsatz von Chatbots u. a. m. Nirgendwo im Unternehmen gibt es so viele Daten wie im HR-Bereich. Auch Oliver Mey setzt auf dieses Potenzial. Wer es versteht, die Daten zu nutzen, kann die nächste Erfolgsgeschichte schreiben. Dafür braucht es wohl auch eine gewisse „Hemdsärmeligkeit“, wie sie Plattner besaß. Aber das wäre eine andere Geschichte.
Franz Langecker
Chefredakteur HR Performance