HR als Innovationseinheit : Mehr Fantasie wagen! – Vorschläge für eine Personalarbeit der Zukunft
In Schweden und in der Schweiz arbeiten die Menschen im Durchschnitt deutlich länger als bei uns – und viele tun das freiwillig und gern. Zu schaden scheint ihnen das nicht – beide Länder zählen zur weltweiten Spitze in Sachen Lebenserwartung.
Wie vieles in der Wirtschaft befindet sich auch die Personalarbeit in einem dramatischen Wandel. Corona und Krieg haben einige der Trends noch einmal verstärkt, andere Entwicklungen hingegen entfalten ihre Wirkung weiterhin – Digitalisierung, Demografie und Diversity, um nur einige zu nennen. Das Erstaunliche ist: Viele Faktoren sind seit Jahren oder – wie der demografische Wandel – sogar schon seit Jahrzehnten bekannt. Die Personalabteilungen wissen auch darum – zumindest „theoretisch“.
Trotzdem geschieht erstaunlich wenig und das dann oft auch noch halbherzig. Natürlich beschäftigen sich viele Unternehmen mit Programmen, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen in ihrer Belegschaft gerecht zu werden. Häufig werden diese mit vermeintlich schicken englischen Schlagwörtern versehen wie: New Leadership und New Learning, Talent Management und Retention, Modern Workplace und Work-Life-Balance, Homeoffice und Green HR.
Es wäre daher unfair, den Unternehmen und ihren Personalern im Rundumschlag fehlenden Fleiß und Fantasielosigkeit vorzuwerfen. Seit der Jahrtausendwende ist in den Firmen durchaus personalpolitisch einiges passiert. Und die in nur zwei Corona-Jahren erzielten Fortschritte beim Homeoffice sind sogar gewaltig. Gerade dieses Beispiel zeigt, wie schnell etwas umgesetzt wird, wenn es umgesetzt werden muss. Weil es betriebswirtschaftlich nicht nur sinnvoll, sondern zwingend notwendig ist.
Dennoch wäre es schön, wenn auch bei anderen Themen mehr Bewegung in den HR-Maschinenraum käme – selbst wenn bei vielen Herausforderungen den Unternehmen nicht das sofortige oder baldige wirtschaftliche Ende droht (so wie das in der Pandemie teilweise der Fall war).
Vom Verwalten zum Gestalten
Generell aber gilt: Die Personalabteilungen müssen verstehen, dass es nicht mehr ausreicht, nur als internes Arbeitsamt zu fungieren. Dass sie sich zusätzlich als personalstrategische Innovationseinheit aufstellen und von der Reaktion zur Aktion übergehen müssen. Anders gesagt: dass künftig neben dem Verwalten auch das Gestalten gefragt ist. Guten Personalern war das natürlich schon immer klar – und dementsprechend haben sie auch bisher schon gehandelt (wenn man sie seitens der Firmenleitung gelassen hat).
Aber in vielen Unternehmen reichte auch ein bisschen Einstellen und Entwickeln aus HR-Sicht aus. Das wird und das muss sich ändern: Denn eher die Unternehmen werden mittel- und langfristig überleben, denen es gelingt, die Besten zu finden und zu binden, sie zu motivieren und zu optimieren. Das zentrale Personalproblem der kommenden Jahre ist und bleibt in vielen Berufen und Branchen der teilweise schon jetzt eklatante Mangel an qualifizierten Fach- und Führungskräften.
Hier ziehen gute Personaler bereits heute alle Register: Der Job ist für den Bewerber nicht ganz passend? Dann wird er (der Job) oder er (der Bewerber) eben passend gemacht – die Stelle wird entsprechend hingebastelt („Job Crafting“) und/oder der künftige Mitarbeiter nachqualifiziert. Gute Mitarbeiter haben das Unternehmen verlassen und können nicht entsprechend nachbesetzt werden? Dann werden die „Guten von früher“ eben zurückgeholt („Rehiring“).
Das Potenzial der „Ehemaligen“ ist schließlich groß: Sie kennen die Firma und die Abläufe, sie haben bei ihrem „Auswärtsspiel“ wichtige Erfahrungen gesammelt und sie sind oft loyaler. Schließlich wissen sie „the green, green gras of home“ jetzt zu schätzen, nachdem sich der alternative Arbeitgeber als oftmals doch nicht so attraktiv entpuppt hat. Wie Umfragen mehrfach gezeigt haben, können sich viele ehemalige Mitarbeiter tatsächlich eine Rückkehr zu ihrer früheren Firma vorstellen – allerdings wollen sie mit dem passenden Paket umworben und nicht wie „untreue Ehegatten“ behandelt werden.
Ältere Arbeitnehmer – Reservoir mit Potenzial
Dass altgediente Fach- und Führungskräfte zwingend mit Erreichen der gesetzlichen Rentengrenze (oder sogar davor) ausscheiden, ist ebenfalls kein Naturgesetz. Einige wären durchaus zum Weitermachen bereit – wenn man sie nur daraufhin ansprechen und die Arbeitsplätze „altersgerecht“ umgestalten würde. Kürzere Arbeitszeiten, andere Aufgaben, neue Jobprofile – auch hier gilt: Mehr Fantasie wagen und tief in den Werkzeugkasten der Personalarbeit greifen!
In Schweden und in der Schweiz arbeiten die Menschen im Durchschnitt deutlich länger als bei uns – und viele tun das freiwillig und gern. Zu schaden scheint ihnen das nicht – beide Länder zählen zur weltweiten Spitze in Sachen Lebenserwartung. Zugegeben: Das (freiwillige) Länger-Arbeiten erfordert hierzulande auch ein Umdenken nicht nur in den Personalabteilungen, sondern auch in der Arbeitnehmerschaft, den Personalvertretungen und den Gewerkschaften – und nicht zuletzt beim Gesetzgeber.
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