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Die junge Generation: unentbehrliche Zukunftshelfer

„Unsere Generation leistet aufgrund des technologischen Wandels in weniger Zeit wesentlich mehr, als unsere Eltern im selben Alter leisten konnten,“ sagt Laura, 21, aus Küsnacht in der Schweiz. Stimmt! Die digitalen Tools, die die junge Generation virtuos meistert, sorgen für ein Vielfaches an Produktivität im Vergleich zu den analogen Werkzeugen früherer Zeiten.

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Generation Y gestaltet die Zukunft mit
Foto: ©AdobeStock/The Picture House

Ein Blick auf die Jugend, die Digital Natives, ist ein Blick in die kommende Zeit. Ihnen gehört die Welt von morgen und übermorgen. Sie leben anders, sie arbeiten anders, sie lernen anders, sie konsumieren auch anders. Das zu verstehen und sich von jungen Gedanken inspirieren zu lassen, macht den Unterschied zwischen den zukünftigen Überfliegern der Wirtschaft und dem traurigen Rest.

Die Soziologie hat die jungen Generationen unter den Begriffen GenY (ab Jahrgang 1980) und GenZ (ab Jahrgang 1995) subsummiert. Weil es zu diesem Vorgehen auch Kritiker gibt, zunächst ein wichtiger Hinweis: Natürlich ist jeder Mensch einzigartig. Und Jahreszahlen sind Hilfskonstrukte.

Dennoch durchleben Alterskohorten die einschneidenden Ereignisse ihrer Kindheit und Jugend im Miteinander. Bedeutsame ökonomische, politische und kulturelle Begebenheiten, maßgebliche Trends, Zeitgeist-Effekte und genutzte Technologien formen ein gemeinsames Mindset und prägen ein vorherrschendes Weltbild.

Fundament für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft

Die Digital Natives bilden das Fundament für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft. Sie können es kaum abwarten, jede technologische Neuerung auszuprobieren. Aus den positiven Erfahrungen solcher Early Adopter erwachsen dann neue Anforderungen an alle Player im Markt. So verändern sie die Spielregeln in jeder Branche und machen das Neue zu einem unverzichtbaren Teil unseres Lebens. Schon allein deshalb sollte eine kluge Geschäftsleitung die hellsten jungen Köpfe zu ihren engsten Beratern machen.

Sie beugen der Betriebsblindheit vor. Sie sorgen für eine Frischzellenkur, für Blutauffrischung und Überkreuzbefruchtung. Es sind vor allem ihre Ideen, die helfen, fortan am Markt zu bestehen. Mit ständiger Veränderung umzugehen, darin sind sie erprobt. Komplexität meistern sie bestens. Im Dschungel der Möglichkeiten haben sie immer einen Plan B oder C oder D. Und sie halten sich bis zuletzt alle Optionen offen.

In einem digital transformierten Kosmos leben sie längst

Digitale Transformation? Da reiben sich junge Menschen verwundert die Augen. Was sollen sie da transformieren? In einem digital transformierten Kosmos leben sie längst. Ihr Zweitwohnsitz ist das Internet. Das Smartphone ist ihre Standleitung dorthin, und die ist ständig in Betrieb. Denn sie bewegen sich in Schwärmen, die im Web ihre Hauptheimat haben. Dort bilden sie sich ihre Meinung über Gleichaltrige, den Peers. Das zu verstehen und zu nutzen, macht Unternehmen zu Überfliegern der Wirtschaft.

Ein Beispiel: Während andere Modelabels reihenweise aufgeben müssen, kam Hugo Boss richtig in Schwung. 2023 hat sich, nach nur zwei Jahren, der Umsatz verdoppelt. Wie das gelang? Die Marke formierte sich zu einer 24-Stunden Lifestyle-Brand mit speziellem Fokus auf die Generation Z, auch Generation Zukunft oder Zoomer genannt. Im Rahmen von Social-First-Kampagnen wurden Influencer:innen und Zoomer-Stars angeheuert, angesagte Events bespielt und neuartige Erlebnisse geschaffen, sodass die Fangemeinde digitalen Content für ihre Kanäle hatte. Hugo Boss war plötzlich überall.

Wer die Zukunft erreichen will, braucht GenZ-Berater

In dieser Zielgruppe hat nur der Erfolg, der dort ist, wo die jungen Leute gerade sind, und das ändert sich laufend. Das lernt man am besten, wenn man sie einbindet und mitmachen lässt, im direkten Austausch auf Augenhöhe. So gibt es am Stammsitz in Metzingen ein Next Generation Board: ein halbes Dutzend Hugo-Boss-Mitarbeitende unter dreißig, die das Führungs-Trio umfassend beraten. Und man hört ihnen zu.

Die Marke hat eben verstanden: Wer die Zukunft erreichen will, braucht diejenigen als Berater, denen die Zukunft gehört. Und sie hat auch verstanden: Bereits in jungen Jahren verfügen besonders die smarten Vertreter der GenZ über eine hohe Kaufkraft. Erste Startups gründen manche schon in der Schule. Oder sie werden als Influencer, Reseller und im Trading aktiv.

Oder sie monetarisieren ihre Digitalkompetenz in ihrem persönlichen Umfeld. Oder sie stellen Erklär-Videos auf YouTube ein und verdienen an der vorgeschalteten Werbung. Oder sie spielen bei E-Turnieren mit, wo es immer etwas zu gewinnen gibt. Heutzutage haben smarte junge Menschen unzählige Möglichkeiten, ihre Ressource Zeit mit ihrer Web-Expertise zu koppeln, um Geld zu verdienen – auch neben einem regulären Job.

Eine gute Zukunft benötigt das Beste von Jung und Alt

Klar können die Juniors vom Erfahrungswissen der Seniors sehr profitieren, und das wollen sie auch. Die tragfähigsten Lösungen kommen zustande, wenn man das Beste aus beiden Welten zusammenfügt. Doch das Alte darf nicht die Messlatte für das werdende Neue sein. Die Grenzen des Möglichen zu verschieben, war schon immer das Vorrecht der jungen Generation. So kann sie ihre eigene Zukunft verbessern und zugleich den Etablierten helfen, sich auf die immer schnelleren Zyklen der Zukunft vorzubereiten, also: agiler zu werden, digitaler zu denken, kollaborativer zu handeln.

Tech-affin, unruhig und anspruchsvoll, selbstbestimmt und divers, wissbegierig und weiterentwicklungswillig, gesundheits- und umweltbewusst, so lassen sich die gutausgebildeten Vertreter der GenZ mit wenigen Worten umschreiben. Sie sind Rebellen für neue Wege in der Gesellschaft. Für Klima und Nachhaltigkeit gehen sie auf die Straße. Neue Formen des Arbeitens fordern sie vehement ein.

Sie sind wenige – und werden von vielen Firmen gesucht

Die Zoomer-Generation ist geburtenschwach – und muss die geburtenstarke Boomer-Generation, die jetzt das Arbeitsleben verlässt, ersetzen. So „verkaufen“ sich talentierte Zoomer fordernd und selbstbewusst, auch über bestehende Kompetenzen hinaus. Gute Selbstdarstellung – das haben sie auf ihren Social-Web-Profilseiten gelernt.

Muss Wissen aufgebaut werden, um an eine neue Aufgabe heranzugehen, dann suchen sie in ihrem oft weitverzweigten Netzwerk jemanden, der das schon kann. Oder sie starten eine Online-Recherche und arbeiten sich über Learning Nuggets schrittweise in ein neues Thema ein. Oder sie buchen an einer renommierten Uni einen Online-Crashkurs, um tief in ein neues Thema einzusteigen.

Für sie gilt es nicht, gestriges Wissen und Können über Standardprogramme aufzubauen und im Kopf zu behalten, sondern zu wissen, wo man hochaktuelle Informationen in dem Moment findet, in dem man sie braucht. Sie schöpfen nicht aus einer veralteten Grundausbildung, sondern verschaffen sich maßgeschneiderte Kenntnisse genau dann, wenn neue Technologien dies erfordern. Für sie sind Lernen und Arbeiten nicht fremdbestimmt, sondern selbstgesteuert.

Was Zoomer der Firma bieten – und was sie erwarten

Gute Leistung definiert sich für sie nicht nach Arbeitsstunden und Präsenz, sondern nach Resultaten und Effizienz. „Unsere Generation leistet aufgrund des technologischen Wandels in weniger Zeit wesentlich mehr, als unsere Eltern im selben Alter leisten konnten,“ sagt Laura, 21, aus Küsnacht in der Schweiz. Stimmt! Die digitalen Tools, die die junge Generation virtuos meistert, sorgen für ein Vielfaches an Produktivität im Vergleich zu den analogen Werkzeugen früherer Zeiten.

Zoomer erwarten ein niedrighierarchisches Umfeld und eine coachende Führung. Sofortiges Feedback über Kommentare und Likes in den Sozialen Netzwerken ist für sie selbstverständlich. Das verlangen sie auch in der Firma. Bis zum Jahresgespräch warten? Tödlich! Sie wollen von Anfang an mitgestalten und angemessen beteiligt werden. New Work ist für sie Work-Life-Separation, was auch impliziert, dass sie ihr Leben nicht um die Arbeit, sondern die Arbeit bei eigenständiger Zeiteinteilung um ihr Leben herum organisieren wollen und werden.

Job und Arbeitgebermarke sind Ausdruck ihres Lifestyles

Sie sondieren den Arbeitsmarkt regelmäßig und sind ständig auf der Suche nach Jobperspektiven. Angst vor Arbeitslosigkeit? Nein! Attraktive Angebote flattern ja ständig herein. Für sie war der Arbeitsmarkt immer ein Nachfragemarkt, sie kennen es gar nicht anders. Ihre Arbeitsleistung soll einen sinnvollen Mehrwert für Gesellschaft und Umwelt erbringen. Ihr Job ist Ausdruck ihres Lifestyles. Die Firma, für die sie arbeiten, soll cool sein, Sicherheit bieten und sozialökologische Verantwortung tragen.

Das ist nicht nur ihnen selbst wichtig, ebenso zählt, wie das Umfeld der Peers auf den Job reagiert. Keinesfalls will man blöd dastehen, weil der Arbeitgeber zu denen gehört, die unschöne Dinge tun. Für sie ist das ein einleuchtender Grund, sich lautstark zu distanzieren. Denn die Kernthemen, um die sich die junge Generation formiert hat, sind Umweltschutz und Klimagerechtigkeit. Vehement fordert sie von der Politik, der weltweiten Gemeinschaft und den Unternehmen Lösungen ein, damit auch für sie unser Planet lebenswert bleibt. Sustainable Natives werden sie deshalb bisweilen genannt.

Auf die Generationen Y und Z folgt die Generation Alpha

Die auf Z folgende Generation, ab 2010 geboren, wird als Generation Alpha bezeichnet, ein Begriff, den der australische Demografieforscher Mark McCrindle in den wissenschaftlichen Diskurs eingebracht hat. Alpha ist der erste Buchstabe im griechischen Alphabet und steht für den Beginn von etwas ganz und gar Neuem. Wie passend für die kommende Zeit. Doch wie wird sie leben, kaufen, arbeiten und Medien konsumieren, diese neue Generation?

Gemeinsam mit Zukunftsforschern hat der WDR drei Beispiel-Alphas kreiert und gemeinsam mit ihnen einen Tag im Jahr 2035 verbracht. Die Szenariotechnik und eine Reihe von Zukunftstechnologien sind dort sehr schön beleuchtet. Zudem formuliert der Report Thesen, wie wir uns schon jetzt auf derart mögliche Zukünfte einpendeln können. Ein Kernsatz aus dem Report: „Die Generation Alpha lässt sich nicht von künstlicher Intelligenz kontrollieren, sie kontrolliert die KI.“

Anne Schüller

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenzentrierte Unternehmensführung.

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