Machine Learning und KI im Corporate Learning
Inzwischen nutzen viele von uns Software, in der KI enthalten ist – von Spamfiltern, Bildersuche, Kaufempfehlungen bis hin zu spezifischen Anwendungen in der Firma. Dabei kann man von „schwacher“ KI sprechen. Die Möglichkeiten haben sich nun jedoch stark geändert.
Ein Interview mit Thomas Jenewein, Business Development Manager und Digital Ambassador bei SAP
HRP: Wo stehen wir im Bereich der künstlichen Intelligenz?
Thomas Jenewein: Forschung zu künstlicher Intelligenz (KI) und zum maschinellen Lernen gibt es schon seit 1950. Die letzte Welle der Aufmerksamkeit gab es nach technischen Entwicklungen im Deep Learning & neuronalen Netzwerken, hoher Datenverfügbarkeit sowie verbesserter Hardware. Vor ca. sechs Jahren (2017) sah man hier starke Verbesserungen rund um Bilderkennung, Chatbots oder „Conversational User Interfaces“ wie Alexa oder Siri. Computer und Software lernen von Daten, ohne explizit programmiert zu werden, und können erkennen, lesen, hören, verstehen und interagieren.
Inzwischen nutzen viele von uns Software, in der KI enthalten ist – von Spamfiltern, Bildersuche, Kaufempfehlungen bis hin zu spezifischen Anwendungen in der Firma. Dabei kann man von „schwacher“ KI sprechen. Die Möglichkeiten haben sich nun jedoch stark geändert.
Im November 2022 wurde von OpenAI die Applikation ChatGPT online für jeden zugänglich zur Verfügung gestellt und damit eine stärkere KI, generative KI genannt. Viele sprechen dabei von einem iPhone-Moment oder der Öffnung der Büchse der Pandora.
HRP: Was ist bei dieser generativen KI besonders?
Jenewein: Es ist ein Sammelbegriff für KI-basierte Systeme, mit denen auf scheinbar professionelle und kreative Weise alle möglichen Ergebnisse produziert werden können. Bilder, Videos, Audio, Text, Code, 3D-Modelle oder Simulationen.
GPT-3 (ChatGPT) und weitere Tools versetzen die Nutzer:innen in die Lage, ihre Ideen sehr schnell zu iterieren und Designs zu konkretisieren. Durch Prompts – kurze Textanweisungen – erzeugt der Computer passende Texte, Bilder oder sogar Videos. Im Hintergrund arbeiten generative Modelle.
Die gibt es zwar schon lange, doch erst kürzlich hat die Qualität der erzeugten Daten bzw. Text-Modelle einen großen Sprung gemacht.
Der Durchbruch gelang bei textuellen Daten mit großen, transformerbasierten Sprachmodellen wie BERT (Google) und GPT-3 (OpenAI). Modelle für visuelle Daten zogen nun etwas später mit Diffusion Models wie DALL-E, Imagen und Stable Diffusion nach.
Wichtig zu verstehen dabei ist, dass ChatGPT das nächste Wort immer anhand von Wahrscheinlichkeiten auswählt. ChatGPT gehört in die Kategorie des Natural Language Processings und wird für das Verfassen von Texten und anderen sprachbasierten Aufgaben eingesetzt. Bei neuen Themen oder am Rand der Netzwerke hat das Programm Probleme und erfindet neue Worte – es halluziniert.
HRP: Welche Einsatzfelder des Machine Learning gibt es im Corporate Learning?
Jenewein: Da gibt es natürlich diejenigen, die schon länger weiterentwickelt werden.
Im formellen Bereich sind dies:
- Empfehlungen von Kursen je nach Interessen oder Click-Verhalten
- Automatisierung von administrativen Aufgaben
- adaptives personalisiertes Lernen je nach Wissen und Skills, was durch Fragen oder Clickverhalten geprüft wird
Im Bereich collaboratives Lernen sind dies u.a.:
- Empfehlungen von Peers zum Lernen,
- ChatBots, z.B. zu Reflektion, Onboarding, Präsentationstraining und andere Anwendungsfälle
- Unterstützung von Communitys, z.B. bei der Beantwortung von Fragen oder Kuratierung
- individuelles Tutoring, z.B. von Übungen, Rollenspielen oder zur Prüfungsvorbereitung
Im Bereich On-the-Job-Lernen sind dies u.a.:
- Assistenten mit Anleitungen von Guided Tours bis Micro Learnings, z.B. in der Software eingebettet
- Verbindung mit AR/VR und Metaverse im Rahmen der dinglichen Welt wie bei Maschinen oder Geräten
- digitale Assistenten, die jegliche Fragen beantworten
- oder digitale Assistenten, die Aufgaben ausführen – wobei Lernen gar nicht mehr im Vordergrund steht
Diese Einteilung wurde in den letzten Jahren stetig optimiert – gerade bei den letzten Punkten sehen wir, wie die neuen Apps rund um ChatGPT neue Innovationen bringen.
Lesen Sie hier das vollständige Interview aus der HR Performance 2/2023.