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Formunwirksamkeit einer arbeitnehmerseitigen Kündigung per WhatsApp

Das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz veranschaulicht damit, dass Arbeitgeber besonders vorsichtig und sorgfältig sein sollten, wenn es um eine Eigenkündigung von Arbeitnehmern geht. Wird diese nicht in der gesetzlichen Form erklärt, heilt auch eine Bestätigung der (formunwirksamen) Kündigung durch den Arbeitgeber den Formmangel in der Regel nicht.

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Kündigung per Handy
Foto: ©AdobeStock/Tetiana

Es kann nicht via WhatsApp gekündigt werden – auch nicht, wenn die Kündigung als Ablichtung in der WhatsApp-Nachricht verschickt wird.

Mit dem „Problem“ der formgerechten Kündigung eines Arbeitnehmers* sind Arbeitgeber immer wieder konfrontiert. Häufig wird per E-Mail, per SMS, per WhatsApp oder überhaupt nicht gekündigt, sondern der Mitarbeiter verabschiedet sich still und heimlich, indem dieser im Ergebnis schlicht nicht mehr zur Arbeit erscheint.

Das LAG Rheinland-Pfalz hatte über die Formwirksamkeit einer ausgesprochenen Eigenkündigung seitens des klagenden Arbeitnehmers zu entscheiden, die lediglich über den Messenger-Dienst WhatsApp an den beklagten Arbeitgeber übermittelt worden ist (Urteil v. 22. Dezember 2022 – 5 Sa 408/21).

Arbeitnehmer schickt Bild einer Kündigung via WhatsApp an Geschäftsführer

Die Beklagte erbringt Wach- und Sicherheitsdienstleistungen. Der Kläger arbeitete seit 2017 bei dieser als Sicherheitsmitarbeiter. Am 7. Januar 2021 erschien er nicht zur Arbeit im Pfortendienst bei einer Kundin. Stattdessen schickte der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten im Laufe des Tages mehrere Nachrichten per WhatsApp. U.a. übermittelte er diesem per WhatsApp das Foto einer handschriftlichen (Eigen-)Kündigung des Arbeitsverhältnisses und erklärte ergänzend, dass er diese auch noch schriftlich schicken werde.

Das Original des fotografierten Kündigungsschreibens übersandte der Kläger der Beklagten jedoch nicht. Am darauffolgenden Tag bestätigte die Beklagte die Eigenkündigung gegenüber dem Kläger schriftlich.

Am 11. Januar 2021 sendete der Kläger erneut eine Nachricht per WhatsApp an den Geschäftsführer der Beklagten, mit der er mitteilte, dass seine Kündigung ein „Schnellschuss“ gewesen und „nicht rechtskräftig“ sei sowie dass er künftig seine Arbeit wieder aufnehmen werde. Der Kläger erschien vom 11. Januar 2021 bis zum 13. Januar 2021 nicht zum Dienst. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.

Kündigung mittels Bild per WhatsApp ist formunwirksam

Das LAG Rheinland-Pfalz entschied – wie bereits das ArbG Trier in der Vorinstanz (Urteil v. 15. September 2021 – 5 Ca 46/21), dass die per WhatsApp übermittelte Eigenkündigung des Klägers vom 7. Januar 2021 nicht den Anforderungen nach §§ 623126 Abs. 1 BGB entspreche. Die Kündigung sei daher gem. § 125 S. 1 BGB nichtig. Diese genüge nicht der gesetzlich vorgegebenen Schriftform. Die WhatsApp-Nachricht des Klägers gebe lediglich die Ablichtung der Originalunterschrift wieder. Unter Abwesenden werde eine Erklärung aber erst in dem Zeitpunkt wirksam (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB), in dem sie dem anderen Teil in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zugehe; der Zugang einer Ablichtung genüge hingegen nicht.

Dem Kläger sei die Berufung auf den Formmangel vorliegend nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt. Die Formvorschrift des § 623 BGB dürfe im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck nicht ausgehöhlt werden. Ein Formmangel könne deshalb nach § 242 BGB nur ausnahmsweise als unbeachtlich qualifiziert werden.

Einen solchen besonderen Fall hielt das LAG Rheinland-Pfalz vorliegend nicht für gegeben: die Formvorschrift des § 623 BGB solle den Arbeitnehmer gerade vor einer unüberlegten und übereilten Kündigung schützen. Diese Warnfunktion dürfe nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen unberücksichtigt bleiben. Im Streitfall habe der Kläger die Beklagte sogar noch darauf hingewiesen, dass er die „handschriftliche“ Kündigungserklärung noch übermitteln wolle und dass die Eigenkündigung ein „Schnellschuss“ gewesen und „nicht rechtskräftig“ sei. Die Beklagte habe daher nicht erwarten können, dass sich der Kläger nicht auf den Formmangel berufen werde. Insgesamt seien die gesetzlichen Konsequenzen des Formmangels für die Beklagte nicht schlechthin untragbar.

Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung

Für eine außerordentliche Kündigung von Seiten der Beklagten fehle an einem wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger der Arbeit nicht unentschuldigt ferngeblieben, sondern arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.

In diesem Zusammenhang betont das LAG Rheinland-Pfalz, dass im Kündigungsschutzprozess dem kündigenden Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes obliege. Dies gelte auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschlössen. Damit obliege dem Arbeitgeber der Nachweis, dass der Arbeitnehmer unentschuldigt gefehlt, also bspw. die behauptete Krankheit tatsächlich nicht vorgelegen habe.

Bis auf weiters müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die strengen Formvorgaben des § 623 BGB bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beachten

Das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz veranschaulicht damit, dass Arbeitgeber besonders vorsichtig und sorgfältig sein sollten, wenn es um eine Eigenkündigung von Arbeitnehmern geht. Wird diese nicht in der gesetzlichen Form erklärt, heilt auch eine Bestätigung der (formunwirksamen) Kündigung durch den Arbeitgeber den Formmangel in der Regel nicht. Es besteht damit das Risiko, dass sich der betroffene Arbeitnehmer auch noch Jahre später (erfolgreich) auf die formelle Unwirksamkeit seiner Kündigung berufen und eine Weiterbeschäftigung geltend machen könnte. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten kann dem Arbeitnehmer nur im absoluten Ausnahmefall entgegengehalten werden. Arbeitgeber sollten bei Eigenkündigungen ihrer Arbeitnehmer stets auf die Einhaltung der Schriftform achten und auf die Übermittlung einer händisch unterzeichneten Kündigungserklärung im Original bestehen.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem CMS-Blog.

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Christina Schwinn ist auf das Individual- und Kollektivarbeitsrecht spezialisiert. Sie berät nationale und internationale Unternehmen unterschiedlicher Größe und Ausrichtung, insbesondere zu arbeitsrechtlichen Fragen mit internationalem Bezug. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich der Betriebsverfassung und im Kündigungsschutzrecht. Christina Schwinn begann ihre anwaltliche Tätigkeit 2022 bei CMS.

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